Apfelbaum, Rosaceae.
Name:
Pírus málus L. (= Malus communis Lam.) Apfelbaum. Französisch: Pommier; englisch: Apple-tree; italienisch: Melo, pomo; dänisch: Äble; norwegisch: Apal; Eble; polnisch: Jablon; russisch: Jablonia; schwedisch: Äpple; tschechisch: Jabloň obecná; ungarisch: Almafa.
Verbreitungsgebiet
Angebaut seit vorhistorischer Zeit in den gemäßigten Teilen der Alten Welt, später Amerika und Australien. Verwildert in den meisten europäischen Ländern.
Namensursprung:
Pirus ist der lateinische Name für den Birn- und Apfelbaum; malus wird vom griechischen μίλον (melon) = Apfel, apfelartige Frucht abgeleitet. Die deutsche Bezeichnung Apfel (althochdeutsch: apful) ist vermutlich indogermanischen Ursprunges.
Volkstümliche Bezeichnungen:
Oberdeutsche Benennungen: Afolter (Oberösterreich), Apfalter (Kärnten). Landschaftliche Bezeichnungen für den wilden Apfelbaum sind z. B. Sürkel, Sürken, Sûrappel (bergisch), Höltje (plattdeutsch), Plunke, aus dem polnischen plonka (Schönwald b. Gleiwitz).
Botanisches:
Pirus malus kommt als Baum und Strauch vor und erreicht eine Höhe von 6 bis 10 m. Äste und Zweige sind mehr oder weniger sparrig abstehend. Die Zweige sind anfangs zottig-filzig behaart, später verkahlend und rotbraun. Die Winterknospen sind behaart. Die eiförmigen, meist kurz zugespitzten und klein gekerbt gesägten Laubblätter sind wechselständig. Die Stiele halb so lang wie die Spreite. Die kurz gestielten Blüten bilden armblütige Doldentrauben. Kelchblätter und Kelchbecher mehr oder weniger dünnfilzig, die ersteren dreieckig. Die verkehrt-eiförmigen Kronenblätter sind deutlich genagelt, weiß, rosa oder außen rosa und innen weiß, Staubbeutel gelb. Griffel am Grunde oder bis zur Mitte miteinander verwachsen. Die Scheinfrüchte fast kugelig oder rundlicheiförmig, oben und unten nabelartig vertieft, grünlich, gelblich, rot gefleckt oder rot gestreift oder ganz rot. Blütezeit: Mai bis Juni.
Die tagsüber schwach, nachts stärker duftenden Blüten sind proterogyn. Die Staubbeutel bleiben bis zwei Tage nach dem Aufblühen geschlossen. Diese stehen dicht um die Griffel herum, gleich hoch wie die Narben oder tiefer. Zuerst öffnen sich die Staubbeutel der äußeren Staubblätter, wobei sich diese nur wenig nach außen biegen, so daß bei Sorten mit langen Staubfäden Selbstbestäubung möglich ist. Die Blütezeit dauert fünf bis sechs Tage. An ihrem Ende biegen sich die Griffel nach außen, wobei die Narben mit den Staubbeuteln in Berührung kommen und (meist unwirksame) Selbstbestäubung eintritt.
Geschichtliches und Allgemeines:
Im Mythus aller Völker hat der Apfel von jeher eine bedeutende Rolle gespielt. Bei den alten Griechen wurde Dionysos als der Schöpfer des Baumes, den er Aphrodite zum Geschenk machte, angesehen. Die berühmten goldenen Äpfel der Hesperiden werden allerdings wohl eher auf Orangen gedeutet. Bei unseren altgermanischen Vorfahren galt er als Symbol der Mutterbrust und der nährenden Liebe, während er im späteren Mittelalter das Sinnbild der Erbsünde, des Sinnenreizes und seiner Kugelform nach das der Vollkommenheit darstellte. Die griechischen Schriftsteller berichten bereits von Süß-, Sommer- und Winteräpfeln, die außer ihrer Hauptverwendung als Obst bereits im hippokratischen Zeitalter auch medizinisch verwendet wurden. Im Capitulare Karls des Großen werden die Äpfel als Pomarii aufgeführt. Im Jahre 1650 waren bereits 200 Apfelsorten bekannt, und um die Mitte des 19. Jahrhunderts nennt das Verzeichnis der Londoner Gartengesellschaft 1400 Sorten. Das in der Wurzelrinde des Apfelbaumes enthaltene Glykosid, das Phlorizin, entdeckten De Koninck und Stas im Jahre 1835.
Wirkung
Die frische Wurzelrinde des Apfelbaums enthält etwa 3-5% des bitteren Glykosids Phlorizin, das auf Malaria-Parasiten destruktiv wirkt und deshalb früher als Chinin-Ersatz angewandt wurde.
Im Tierexperiment ruft es den charakteristischen renalen „Phlorizindiabetes“ hervor, indem es die Durchlässigkeit der Nieren für die im Blute kreisende Glukose steigert. Die Glukosurie tritt schon nach kleinsten Dosen auf; beim Menschen erzeugen bereits 5 mg Phlorizin (subkutan) eine Zuckerausscheidung im Harn von 1/2-3 g, die wieder aufhört, wenn das Mittel die Nieren verlassen hat.
Weiland und Moraczewski fanden, daß das Glykosid Phlorizin beim Gesunden in kleinen Dosen eine Hypoglykosurie hervorruft, umgekehrt aber bei Diabetikern eine starke Erniedrigung des Zuckerspiegels. Das Phlorizin in täglichen Dosen von 1 g auf 1 kg Körpergewicht bei Tieren verfüttert macht bei fünftägiger Nahrungsentziehung Leber und Muskeln des Versuchstieres vollkommen glykogenfrei.
Außer dem Phlorizin enthält die Wurzelrinde u. a. auch Pectin, Gerbstoff und Zitronensäure.
Das gleichfalls in den Früchten enthaltene Pectin hat nach Gebhardt keine styptische Wirkung. Die therapeutische Wirkung der Rohapfeldiät (vgl. unten) ist vor allem dem Gerbsäuregehalt der Äpfel zuzuschreiben, doch hält er es nicht für ausgeschlossen, daß daneben bestimmte entzündungswidrige Eigenschaften des Pectins eine Rolle spielen.
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Die frisch geschabten oder roh gegessenen Äpfel sind nach Heisler als alleinige Nahrung das beste Mittel bei Diarrhöen der verschiedensten Genese, auch bei der Ruhr und Paratyphus. Diese Indikation hat sich in der Praxis vieler Ärzte, auch des Verfassers, bestätigt. Man spricht von der „Heislerschen Apfeldiät“. Man gibt 2 Tage lang je nach dem Alter des Patienten 500-1500 g rohe, ausgeschabte Äpfel ohne Getränke. Vom dritten Tage ab kann man leichte Diät zufügen.
Der frisch ausgepreßte Apfelsaft dient als erfrischendes, die Ausscheidung förderndes Getränk bei Fieber, Entzündungen, Heiserkeit, Schlaflosigkeit, Gicht und Verdauungsbeschwerden. Nach Möller eignet sich der Saft auch vorzüglich zur Basenanreicherung bei der Schrothkur. Der Apfelschalentee dient als kräftigend, nervenberuhigend und Tagesgetränk bei Fettsucht.
Bei schlechter Verdauung eignet sich vorzüglich das Bircher-Bennersche Müsli. Es wird hergestellt aus 150 g Äpfeln, die mit Schale und Kerngehäuse verrieben werden, dazu kommen 1 Eßlöffel Haferflocken, 3 Eßlöffel Wasser, Saft von einer halben Zitrone, 1 Eßlöffel voll süßer, kondensierter Milch, geriebene Nüsse oder Mandeln. Man mischt alles und genießt es roh.
Eine besondere Verwendung findet die Wurzelrinde des Apfelbaumes.
Cort. rad. Piri mali wird in Verbindung mit anderen Mitteln mit gutem Erfolg bei Diabetes mellitus gegeben. Auch bei Febris intermittens wird es verordnet. Die Verordnung des Wurzelpulvers ist der des Phlorizins vorzuziehen.
Angewandter Pflanzenteil:
Da sich der wirksame Stoff, das bittere Glykosid Phlorizin, in besonders großer Menge in der frischen Wurzelrinde findet (nach Wehmer 3-5%), wird diese zur Bereitung des „Teep“ verwendet.
Dosierung:
Übliche Dosis:
0,5-1-1,5 g Phlorizin ein- bis zweimal täglich als Antipyretikum (Hager).
1 Tablette der Frischpflanzenverreibung „Teep“ dreimal täglich.
(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,125 g Cort. rad. Piri mali.)
In der Homöopathie
ungebräuchlich.
Maximaldosis:
Nicht festgesetzt.
________________________________ Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938 Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.