Buschbohne, Leguminosae.
Name:
Phaséolus nánus L. (= Ph. vulgaris var. nanus Aschers., = Ph. compressus D.C., = Ph. romanus Savi). Buschbohne. Französisch: Haricot nain, haricot sans rames, haricot à pieds; englisch: Bush-beans, bunch-beans, in Amerika: Snaps; dänisch: Bönne; italienisch: Fagiolo nano; polnisch: Fasola; russisch: Fasol; tschechisch: Fazol křovitý; ungarisch: Bokarbab.
Verbreitungsgebiet
Weiteres Vorkommen: Tropisches Südamerika. In Europa seit dem 16. Jahrh. angebaut. Jetzt über die ganze Erde verbreitet.
Namensursprung:
Der Gattungsname Phaseolus, der schon bei Dioskurides und Aristophanes für Vigna Sinensis gebraucht wurde, wird vom griechischen φσηλος (phaselos) = langer, schmaler Kahn wegen der langen schmalen Hülsen abgeleitet; nanus = Zwerg.
Volkstümliche Bezeichnungen:
Buschbohnen, Strauchbohnen, Staudenbohnen, Zwergbohnen, Budenbohnen, Kriechbohnen, Krupbohnen; in Norddeutschland: Kruper, Krüper, Huckerchen: in der Nordschweiz: Gruper, Gruperli, Chrücherli, Höckerli, Bodebohne, Happara (St. Gallen).
Botanisches:
Diese einjährige, 30-60 cm hohe Bohne mit nicht windenden, stark verzweigten Stengeln scheint ein Abkömmling der Stangenbohnen zu sein, der besonders in Kultur bei abgeschwächtem Licht leicht wieder windend wird. Die Blättchen der dreizähligen Blätter sind eiförmig, die gelblichen, rosa, lila oder violetten Blüten zu einer lockeren Traube vereinigt. Blütezeit: Juni bis September. – Die Bohne, seit alters her im tropischen Amerika angebaut, kam im 16. Jahrhundert nach Europa und wird heute überall kultiviert. Gegen Frost, gegen zu große Nässe und Trockenheit sind die Bohnen sehr empfindlich. Sie verlangen tiefgepflügte, nährstoffreiche, aber nicht frisch gedüngte Böden, auf denen schon einige Jahre andere Pflanzen gebaut worden sind. Am besten ist ein kalkreicher Mergelboden, während reine Ton-, Kalk- und Humusböden ganz ungeeignet sind.
Geschichtliches und Allgemeines:
Die von den klassischen Schriftstellern (Hippokrates, Aristoteles, Theophrast, Dioskurides, Galenus, Columella u. a.) öfters zu verschiedenem Gebrauch erwähnten Bohnenarten beziehen sich zum Teil auf Vicia faba major und minor. Die Stammutter von Phaseolus nanus ist wohl erst nach der Entdeckung Amerikas im 16. Jahrhundert nach Europa gelangt. Doch noch im 17. Jahrhundert galten die zum Genuß wohl nur reif zubereiteten Bohnen als schwer verdaulich und blähend. Die Verwendung halbreifer, ausgehülster Bohnen als Gemüse ist wohl erst durch die Portugiesen und Spanier bekannt geworden und hat sich allmählich in Mittel- und Nordeuropa eingebürgert. Über den Gebrauch der Bohnen als Arzneimittel wissen die meisten Kräuterbücher des 16. und 17. Jahrhunderts zu berichten. Fabae albae waren noch um 1680 in Preußen als Emolliens offizinell. In Süditalien und Sizilien wird der Bohnenblütentee seit alters her gegen Nierenkolik und Gicht gebraucht. Hier und dort wurden die Bohnen früher als kleine Gewichte (z. B. in Apotheken) benützt.
Wirkung
Bock schreibt den Bohnen diuretische Wirkung zu, warnt aber zugleich vor reichlichem Genuß, da sie eine „Melancolische speiß“ seien, die „schwer Geblüt“ mache.
Auch Matthiolus weiß von Nachteilen, und zwar Blähungen, Magenbeschwerden und unruhigem Schlaf nach Bohnengenuß zu berichten, denen er aber die Wirkung als Diuretikum, Aphrodisiakum, Kosmetikum, verdauungsförderndes und schmerzstillendes Mittel gegenüberstellt. Osiander erwähnt heißes Bohnenmehl äußerlich gegen Gicht und Rheumatismus.
Die Species Phaseolus mungo wird nach Hübotter in der mongolischen Medizin wie folgt verwendet:
„Bringt das Wasser in Gang, verteilt Blutstauung. Süß, von roter Farbe, dem Herzen ähnliche Frucht, von Natur nach unten gehend, reinigt den Dünndarm, befördert die Urinsekretion, bringt das Wasser in Gang, zerteilt das Blut, bringt Schwellungen zum Verschwinden, beseitigt Eiter, kühlt Hitze, löst Gifte, heilt Durchfall und Schädigungen der Pneuma. Die Pflanze ist von spezifischer Wirksamkeit gegen Geschwüre usw., wirkt durststillend, beseitigt Trunkenheit, befördert die Milchsekretion, begünstigt Abort, vermindert die Speichelsekretion, bei langem Gebrauch bewirkt sie Versiegen der Speichelsekretion.“
Nach Schulz wurden mit dem Aufstreuen von Bohnenmehl auf juckende und nässende Ekzeme sehr gute Erfolge erzielt, was Kroeber auch nach eigenen Erfahrungen bestätigen konnte.
Auf die Vorzüge der Bohnenschalen als Diuretikum wies Ramm hin, der auch eine genaue Vorschrift zur Herstellung des Tees (vgl. Rezepte) gibt. Er schreibt: „Am auffälligsten ist die Wirkung dieser Bohnensuppe bei allgemeiner Wassersucht infolge von Herz- und Nierenerkrankungen, wo zuweilen schon nach 24 Stunden, sonst aber spätestens am dritten Tage, eine außerordentlich starke Urinabsonderung einsetzt. Zu empfehlen ist der Bohnenschalentee bei allen wassersüchtigen Zuständen, die ihre Ursache haben in Erkrankungen des Herzens und des Blutes, bei Erkrankungen der Nieren, bei Nierenentzündungen nach Scharlach, Diphtheritis und Typhus sowie bei akutem Gelenkrheumatismus, ferner bei Albuminurie in der Schwangerschaft, bei lokalen Wasseransammlungen und Exsudaten, infolge Erkrankung einzelner Organe, schließlich bei allen chronischen Erkrankungen der Harnwege von der Niere bis zu der Urethra, auch bei Grieß- und Steinbildung nicht minder als bei Gicht. Kein anderes Mittel ist auch nur annähernd imstande, die Harnsäurebildung im Körper so zu hemmen und die Ablagerungen so aufzulösen, wie es bei der Bohnenschalenabkochung der Fall ist.“
Kneipp führt die Bohnenschalen als Bestandteil eines diuretischen Tees gegen Bauchwassersucht an, ebenso gehören sie dem Wildunger Tee an.
Gute Erfahrungen mit dem Bohnenschalentee bei wassersüchtigen Schwellungen der Niere und Leber machte auch Schöfer, Graz (nach persönlicher Mitteilung, vgl. Beispiel für die Anwendung S. 2102).
Im Tierversuch (Ratten) konnte die diuretische Wirkung bestätigt werden, vgl. auch die graphische Darstellung bei Equisetum arvense.
Kaufmann prüfte Tee von Bohnenschalen klinisch an 15 Diabetikern, von denen nur drei keine Beeinflussung der Glykosurie zeigten; bei den anderen beobachtete man allgemein Toleranz-Erhöhung wie auch Verminderung der Glykosurie und Acetonurie (1 Tasse Tee ersetzt drei bis fünf Einheiten Insulin).
Dagegen zeigen nach F. W. Lapp Beobachtungen mit Bohnenschalentee, daß dieser zwar blutzuckersenkend bei Gesunden, nicht aber bei Diabetikern wirkt.
Mit Phaseolusdekokten und -extrakten per os konnten Geßner und Siebert in leichten und mittelschweren Fällen eine Senkung des Nüchternblutzuckers um 20-40 mg-% erreichen; die Glukose und Adrenalinhyperglykämie wurde erniedrigt und verkürzt.
Durch Phaseolus vulgaris wurde entgegen der Annahme von Belak und Szathmary keine Hemmung bzw. kein Ausbleiben des Östrus bei weißen Mäusen beobachtet.
Nach Genuß roher, gekeimter Feuerbohnen entwickelte sich eine Phasinvergiftung, die in Form einer akuten Gastroenteritis mit starkem Erbrechen, vorübergehender Leberschwellung und Urobilinurie auftrat.
Bei Personen, die in Konservenfabriken viel mit der Verarbeitung von Bohnen zu tun haben, wurde öfters das Auftreten der sogenannten „Bohnenkrätze“ beobachtet. Diese Erkrankung scheint auf einer Sensibilisierung der Haut zu beruhen.
Als Vertreter der homöopathischen Literatur gibt Heinigke Herzleiden, Pleuritis mit Erguß, Herzbeutelentzündung, Harnsäuregrieß, blutigen Urin und Diabetes mellitus an.
Die Samenschalen von Ph. vulgaris enthalten u. a. Paraphysosterin, Phasol und Flavone.
Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):
Polen: Als mildes Diuretikum und Antidiabetikum.
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Phaseolus nanus wird mit mittelmäßigem Erfolg vorwiegend als Antidiabetikum verordnet. Infolge seiner diuretischen Wirkung werden Nephround Cystopathien, Steinleiden der Harnorgane, Hydrops (vgl. Beispiel für die Anwendung), Pleuritis exsudativa, chronischer Rheumatismus und Gicht günstig davon beeinflußt. Ebenso sprechen Kardiopathien wie Perikarditis, Herzschwäche mit Wassersucht, Palpitatio cordis mit Angstgefühl, ferner Hypertonie (hier im Wechsel mit Arnica) und Ischias auf das Mittel an.
Äußerlich wird die Verdünnung der Tinktur (1 : 10) bei Augenentzündungen und das Bohnenmehl bei Ekzemen angewandt.
Einheitliche Wechselmittel werden nicht genannt.
+)Beispiel für die Anwendung:
Schöfer, Graz, teilt mir mit: Eine Frau litt seit Jahren an Ödemen infolge von Nieren- und Leberstauungen. Eines Tages trank sie ganz zufällig einige Tassen vom Abkochwasser grüner Stangenbohnen. Einige Stunden darauf setzte eine erhöhte Diurese ein, und die Frau fühlte sich an diesem und am nächsten Tage sehr gut. Daraufhin trank sie jeden Tag Bohnenwasser, auch das aus den Hülsen, mit dem Erfolge, daß die Ödeme zurückgingen und allmählich ganz verschwanden. Ihr Hausarzt, der sie jahrelang vergeblich behandelt hatte, konnte nach einiger Zeit völlige Genesung konstatieren und hatte auch bei anderen Patienten, die er daraufhin mit Bohnenwasser behandelte, vollen Erfolg.
Angewandter Pflanzenteil:
Bock spricht von der Verwendung der Bohnen, Matthiolus von den Faseln, ebenso Lonicerus.
Geiger nennt von Phaseolus vulgaris die Samen als offizinell.
Osiander kennt die Verwendung des Bohnenmehls.
Allen läßt die Verreibung aus den frischen Bohnen von Phaseolus vulgaris herstellen.
Clarke empfiehlt von Ph. nanus und Ph. vulgaris eine Verreibung der getrockneten Bohnen und eine Abkochung der getrockneten Bohnen und Fruchtschalen.
Hager führt die Verwendung des Bohnenmehls und der getrockneten Fruchtschalen an.
Nach Schulz werden verwendet die Samen, das Bohnenmehl und die getrockneten Bohnenhülsen.
Dieselben Angaben finden sich bei Ferd. Müller und Thoms.
Das HAB. läßt die Essenz aus der frischen, nach der Blüte gesammelten Pflanze ohne Wurzel herstellen (§ 3). Diese Angabe macht auch Heinigke. Peyer erwähnt nur die getrockneten Bohnenschalen.
Das „Teep“ wird aus den ausgereiften getrockneten Bohnenhülsen hergestellt.
Dosierung:
Übliche Dosis:
15-20 g der Bohnenschalen im Infus (Ramm).
1 Teelöffel voll der Pflanzenverreibung „Teep“ dreimal täglich.
(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt.)
In der Homöopathie:
Ø.
Maximaldosis:
Nicht festgesetzt.
Rezepte:
Als Diuretikum und Antidiabetikum, auch bei Gicht und Rheuma (nach Ramm):
Rp.:
Cort. Fruct. Phaseoli c. 15,0-20,0 (= Bohnenschalen)
D.s.: Mit 1 l Wasser 3-4 Stunden kochen. 1/2-3/4 l täglich warm oder kalt trinken.
Preis nach Arzneitaxe 10 g -.05 RM, 100 g -.30 RM.
Oder:
Bei schweren Fällen von Diabetes
(nach Meyer):
Rp.:
Cort. Fruct. Phaseoli c. 200,0 (= Bohnenschalen)
D.s.: Die ganze Menge mit 1 l Wasser 3-4 Stunden kochen und bis auf 1/2 l einengen.
Über den Tag verteilt 1/2 Std. vor den Mahlzeiten einnehmen.
Als Antidiabetikum (nach Kobert):
Rp.:
Cort. Fruct. Phaseoli (= Bohnenschalen)
Sem. Lini (= Leinsamen)
Fol. Myrtilli āā 20,0 (= Heidelbeerblätter)
C.c.m.f. species.
D.s.: Mit 1 l Wasser 3 Stunden kochen. Vor den Mahlzeiten 1 Tasse trinken.
Als Diuretikum „Wildunger Tee“:
Vgl. die Rezeptvorschriften bei Equisetum arvense S. 1278.
Als Diuretikum und Antidiabetikum (Mutter-Anna-Tee):
Rp.:
Cort. Fruct. Phaseoli 125,0 (= Bohnenschalen)
Fol. Senn. ind. 50,0 (= Indische Sennesblätter)
Hb. Matrisilv. (= Waldmeisterkraut)
Hb. Millefolii (= Schafgarbenkraut)
Lign. Guajac. (= Pockholz)
Lign. Sassafras (= Fenchelholz)
Lign. Santal. rbr. āā 25,0 (= Rotes Sandelholz)
Fol. Menthae pip. (= Pfefferminzblätter)
Fruct. Anis. āā 12,5 (= Anissamen)
Fruct. Foeniculi (= Fenchelsamen)
Flor. Sambuci āā 12,5(= Holunderblüten)
Flor. Cyani (= Kornblumenblüten)
Flor. Calendul. (= Ringelblumenblüten)
Flor. Viol. tricol. (= Stiefmütterchenblüten)
Rad. Tarax. (= Löwenzahnwurzel)
Rhiz. Gramin. (= Queckenwurzel)
Rad. Ononidis āā 5,0 (= Hauhechelwurzel)
Stip. Dulcamar. 2,5 (= Bittersüßstengel)
C.c.m.f. species.
D.s.: 4 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser
vgl. Zubereitung von Teemischungen
________________________________ Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938 Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.