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Alraune, Solanaceae.

Name:

Mandrágora officinárum L., Alraune. Französisch: Mandragore; englisch: Mandrake; dänisch, norwegisch, schwedisch: Alrune; ungarisch: Pemet efü.

Verbreitungsgebiet

*

Namensursprung:

Mandragora ist schon der von Hippokrates für die Pflanze gebrauchte Name. Er setzt sich offenbar zusammen aus μνδρα (mándra) = Hürde (Schäferhütte im Gebirge) und γορ (agora) = Versammlung, vielleicht weil die Pflanze oft in der Nähe der Schäferhütten gefunden wurde.

Botanisches:

Mandragora officinarum besitzt eine bis 60 cm lange, dicke, fleischige Wurzel und kurzgestielte, eiförmig-längliche, oft gekerbt-gezähnte Blätter. Die einblütigen Blütenstiele tragen einen großen fünfspaltigen Kelch und eine etwa 3 cm lange grünlichgelbe Blütenkrone. Als Frucht bringt Mandragora eine gelbe, kugelige Beere hervor.-Die Pflanze ist im Mittelmeergebiet heimisch, kann aber an warmen, geschützten Standorten auch bei uns angebaut werden. Die Gewächshausalraune ist ebenso giftig wie die im Freiland gewachsene. Diese Kontrolle stellten wir an Mäusen fest. Die Grenzdosis der Giftigkeit beider Pflanzen ist dieselbe. Nur äußerlich war die Farbe der wäßrigen Mazerate verschieden. Das Filtrat der Gewächshausalraune war hellbraun, das der Freilandpflanze dunkelbraun. Die stärkere Färbung der Freilandpflanzensäfte konnten wir wiederholt beobachten, z.B. auch bei Agnus castus.

Geschichtliches und Allgemeines:

Die Mandragora gehört zu den ältesten, berühmtesten und kulturhistorisch interessantesten Mitteln, die die Medizin aufzuweisen hat, Unter dem Namen „dja-dja“ findet die Pflanze sich schon im Papyrus Ebers unter den Arzneimitteln der alten Ägypter, und Pythagoras nennt sie die „menschenähnliche“ in bezug auf ihre merkwürdig geformte Wurzel, die Anlaß zur Verwendung der Zaubermittel im Kulte sämtlicher Völker gegeben hat. Nach dem jüdischen Geschichtsschreiber Jos. Flavius soll die „Dudaim“, welche (nach 1. Moses 30, 14) Ruben seiner Mutter Lea brachte und welche als Aphrodisiakum verwandt wurde, die Alraune gewesen sein. Ferner erzählt Flavius weiter, daß man Mandragora nicht selbst aus dem Boden ziehen dürfte, sondern ein schwarzer Hund müsse angetrieben werden, die mit dem oberen Teil an seinen Schwanz gebundene Wurzel auszuraufen, worauf ein markerschütterndes Geschrei der Mandragora zu vernehmen sei und der Hund tot hinstürze. Von diesem dem Menschen unerträglichen Geschrei weiß auch Shakespeare, der es mehrfach in seinen Werken anführt. Im griechischen und römischen Altertum bediente man sich teils des Saftes der frischen Pflanze, teils der getrockneten Wurzelrinde, teils der Blätter, welche auch eingesalzen aufbewahrt wurden. Celsus erwähnt die Äpfel der Alraune als Schlafmittel, verwendet die Wurzel bei Schleimfluß der Augen und die Abkochung als Linderungsmittel bei Zahnschmerzen. Dioskurides nennt die Pflanze u. a. als schmerzstillendes Mittel und als Schlafmittel. Man hatte einen Mandragora-Wein und zwei Extrakte, einen aus dem Safte der Wurzel und einen zweiten milderen aus den Früchten bereitet, alljährlich wurden diese, wie Galenus schreibt, aus Creta nach Rom gebracht. Um die Schmerzen chirurgischer Operationen zu mildern, wurde frisch gebrochene Mandragora vor die Nase gehalten, es war also für die alten Ärzte dasselbe, was der Äther bzw. das Chloroform für die heutigen ist.

Im Mittelalter wurde die Mandragora sowohl als Heilmittel wie als Zaubermittel hochgeschätzt. Viele Anzeichen weisen darauf hin, daß der Mandragorakult vom Orient über Griechenland zu den Rumänen nach Galizien, Südwestrußland, Oberschlesien und Ostpreußen drang, jedoch mag er auch über Italien nach Deutschland gekommen sein. Aus den Wurzeln schnitzte man Figuren, die „Alraune“, zurecht und hielt sie als „glückbringendes Zaubermittel“ hoch in Ehren. Bekanntlich hat auch Kaiser Rudolph II. teuer erworbene Mandragorawurzeln besonders verwahren und pflegen lassen. Die Alraune soll auf Fragen Antwort erteilt, die Zukunft prophezeit, Geld verdoppelt, Krankheiten geheilt haben usw. Auch heute sagt man noch in Wien von jemand, der viel Glück hat: „Der muß a Oraunl (Alräunchen) im Sack haben.“ Übrigens verfertigte man auch in Deutschland aus anderen Wurzeln, z. B. aus der Bryonia, Alräunchen, die dann als echte verkauft wurden. Nach Vollmer wurde die Mandragora auch zur Zeit der Schule von Salerno als Narkotikum verwendet.

Vergiftungsfälle mit der Mandragora haben häufig den Tod herbeigeführt. Daniel sah auf den innerlichen Gebrauch der Wurzel eine in Brand übergehende Entzündung des Verdauungskanals und nach drei Tagen den Tod eintreten, Gmelin erzählt folgende Geschichte: „Maharbal, ein Feldherr von Karthago, mischte, als er gegen die aufrührerischen Afrikaner geschickt wurde, eine Menge Alraunwurzel unter den Wein. Er ergriff zum Schein die Flucht und ließ den Wein zurück. Die Feinde, die sehr erfreut über die Beute waren, tranken ihn und verfielen darauf alle in einen tiefen Schlaf, so daß Maharbal sich leicht ihrer bemächtigen konnte.“

Wirkung

Schon Hippokrates und Paracelsus erwähnen die Alraune als Beruhigungsmittel.

Eine ausführliche Beschreibung der Alraune gibt Lonicerus, der die Wurzel als schleim- und „schwarze Galle“-treibendes Mittel bezeichnet und erzählt, daß ihr Genuß so tiefen Schlaf bringe, daß man nicht empfände, wenn Glieder vom Leib abgeschnitten würden. Ebenso soll das Öl aus Alraunenäpfeln, an die Schläfe gestrichen, schlafbringend, beruhigend und hitzelöschend sein. Die Rinde der Alraune liefert Augenarzneien und dient als Emmenagogum und zum Austreiben von Totgeburten; die Blätter sollen den Kopfgrind heilen. Das schlafbringende und kopfwehstillende Alraunwasser läßt er aus Kraut und Wurzel brennen.

Bock, Matthiolus und Weinmannschreiben ähnlich, fügen aber noch hinzu, daß die grün zerquetschten Blätter frische Wunden heilen und das Wurzelwasser „Kröpff und Knollen“ zerteilen soll. Sie warnen auch vor zu starkem Gebrauch, weil Äpfel und Wurzel schädlich, ja tödlich wirken können.

Die betäubende und schmerzstillende Kraft der Alraune erwähnt auch v. Haller.

Der schwedische Arzt Hofberg empfahl die Pflanze zusammen mit Milch und Honig als Umschlag, fein zerrieben in Pflasterform als sehr gut zerteilendes Mittel bei Geschwülsten und Drüsenverhärtungen, auch venerischer Art.

Hecker bezeichnet die Wurzel als ein sehr wirksames narkotisches Mittel.

Das früher als wirksame Substanz der Alraune angegebene Alkaloid, Mandragorin, ist nach neueren Untersuchungen ein Gemenge von Alkaloiden, und zwar sind darin u. a. enthalten Hyoscyamin, Scopolamin und Atropin.

In Südfrankreich wird Mandragora als Aphrodisiakum gebraucht.

In Verbindung mit anderen Aphrodisiaka rief sie beim Bitterling das Erscheinen des Hochzeitskleides hervor.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Die Alraune dürfte in ihrer Wirkung der Atropa belladonna sehr ähnlich sein. Hinzu kommt eine aphrodisierende und narkotische Komponente, die die Mystik dieser Pflanze erklärt.

Mandragora wird selten angewendet. Es eignet sich vielleicht zur Behebung von Schlafstörungen. In den wenigen mir zugegangenen Berichten wird sie als schmerzstillendes Mittel bei Gicht und Rheuma genannt. Bei Arthritis deformans wurde nach Einreiben der Gelenke mit 10%iger Mandragorasalbe und Bäderzusatz mit 20%igem Extrakt neben interner Behandlung Stillstand und Beseitigung der Beschwerden, in einem Falle sogar unter röntgenologischer Kontrolle eine Rückbildung beobachtet.

Kißner, Berlin, verordnet bei Rheuma und Arthritis sowie „funktionellen“ Knöchelödemen und Hautschwellung wöchentlich einmal eine 1%ige Injektion und läßt die Patienten dazu Birkentee trinken.

Angewandter Pflanzenteil:

Hippokrates verwendete wohl hauptsächlich die Wurzel.

Dioskurides empfiehlt Wurzel, Blätter (diese nur äußerlich) und Früchte von drei Mandragora-Arten, bevorzugt aber die Wurzeln als schmerzstillendes und schlaferzeugendes Mittel.

Lonicerus nennt an erster Stelle die Wurzel, außerdem noch Früchte, Blätter und Rinde.

Bock kennt den Gebrauch der Wurzel und der Wurzelrinde, die Blätter werden bei ihm nur äußerlich angewendet.

Nach Matthiolus ist der Saft aus der Wurzel wirksamer als der aus den Früchten.

v. Haller gibt den hauptsächlichen Gebrauch der Wurzelrinde, Hecker den der Wurzel an.

Nach Geiger waren Wurzelrinde, Früchte und Blätter offizinell.

Wehmer stellt fest, daß das Hyoscyamin nur in der Wurzel und in der Frucht, nicht in den Blättern enthalten ist.

Das HAB. läßt das frische Kraut verwenden (§ 3). Ich empfehle zur Herstellung der Arzneimittel für den innerlichen Gebrauch die frische, im Herbst gesammelte Wurzel. Demgemäß wird auch das „Teep“ hergestellt.

Dosierung:

Übliche Dosis:

1 Tablette der Frischpflanzenverreibung „Teep“ abends zur Schmerzstillung bei Gicht und Rheuma.

(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 10% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,025 g Rad. Mandragorae.)

In der Homöopathie:

dil. D 3-4.

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt.

Rezepte:

Bei Arthritis deformans:

Rp.:

Mandragorae Ø 5

Adip. lanae anhydr. 10

Vaselin. flav. ad 50

M. f. ungt.

D.s.: äußerlich morgens und abends auf die schmerzhaften Gelenke reiben.

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Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938
Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.

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