Blutweiderich, Lythraceae.
Name:
Lýthrum salicária L. (= L. palustre Salisb., = L. spicatum S. F. Gray, = L. spiciforme Dulac.). Blutweiderich, Gemeiner Weiderich, Stolzer Heinrich. Französisch: Salicaire, lysimachie rouge; englisch: Purple Loos-strife, willow herbe; italienisch: Riparella, salcerella, salicaria, spergola, verga rossa, canestrell; dänisch: Pilebladet Kattehale; litauisch: Raudoklé; norwegisch: Kattehale; polnisch: Krwawnica, Stalnik; russisch: Dierbiennik; schwedisch: Fackelros; tschechisch: Kyprij obecný; ungarisch: Füzeny.
Verbreitungsgebiet
Weiteres Vorkommen: Asien (nördl. bis zum unteren Tobol, Baikalsee, Amurmündung, Sachalin, östl. bis Eos – Kiushiu, südl. bis zur Jankse – Mündung. Tibet. Kaschmir, Afghanistan. Südpersien, bis zum Jordan). Afrika (nur bei Bona und Algier), Nordamerika (von Oberkanada längs der Küste bis Wilmington in Delaware), Südamerika.
Namensursprung:
Der Gattungsname Lythrum ist abgeleitet vom griechischen λθρον (lýthron) = schmutziges Blut. Der Ausdruck wurde von Dioskurides auf eine Lythrumart, wohl der dunklen Blütenfarbe wegen, angewendet. Der vom lateinischen salix = Weide abgeleitete Beiname salicaria nimmt Bezug auf die an gewisse Weiden erinnernde Gestalt der jungen Pflanze bzw. der Blätter. Im Volksnamen Stolzer Heinrich steckt die alte Überlieferung verborgen, die die Pflanze als Sitz von den Menschen bald hold, bald feindlich gesinnter Kobolde betrachtete.
Volkstümliche Bezeichnungen:
Nach der stattlichen Blütenähre heißt die Pflanze (roter) Wedel (Baden), Katt(en)steert, -swans (niederdeutsch), Katzenwedel (Baden), ro(t)er Voss-Swans (Braunschweig), Fuchswedel (Baden), Gullerwadel, Guller = Hahn (Elsaß), nach der roten Blütenfarbe Bluetkraut (Schwäb. Alb, Baden), Blueterich (St. Gallen), Bluetströpfli (Aargau), Dust (Nordböhmen). Seeblume (Nahegebiet) geht auf den feuchten Standort. Andere Bezeichnungen sind noch Iserhart (Schleswig), Weikmann (Westpreußen), Wederich, weidenähnliche Laubblätter (Schwäbische Alb).
Botanisches:
Ausdauernde Pflanze mit dickem, holzigem, mehr oder weniger aufrechtem Wurzelstock. Der Stengel wird 30-200 cm hoch, ist aufrecht, einfach oder im unteren und mittleren Teile ästig, unten spärlich, oberwärts etwas reichlicher mit kurzen Härchen besetzt, vier- bis sechskantig. Blätter gegenständig oder zu dritt und viert, fast sitzend, die untersten länglich-elliptisch, die übrigen aus herzförmigem Grunde schmal-lanzettlich bis eiförmig, mit unterseits deutlich hervortretenden Nerven, unter-seits auf den Nerven und am Rande kurz behaart. Blüten in Scheinquirlen kurz gestielt, zusammen einen gedrungenen, gipfelständigen, Ährenförmigen Blütenstand bildend. Sechs bläulich purpurrote Kronenblätter. Zwölf Staubblätter in zwei Kreisen. Frucht eine Kapsel. Blütezeit: Juni bis September.
In Europa und Asien weit verbreitet. In Deutschland häufig an Seeufern, Teichen, Bächen, Flüssen, auf Riedwiesen und Flachmooren, von der Ebene bis in die Bergstufe. Lythrum salicaria ist einer unserer gewöhnlichsten Ufer- und Sumpfpflanzen und geht auch in tieferes Wasser. Die Blüten sind durch die dreifache Ausbildung von Staubblatt- und Griffellänge ausgezeichnet, mit denen eine verschiedenartige Ausbildung der Pollen (die größten, grün gefärbten an den längsten Staubblättern, die mittleren und kleinen, gelb gefärbten an den mittleren und kurzen Staubblättern) und auch ein entsprechender Unterschied in der Samengröße Hand in Hand geht.
Geschichtliches und Allgemeines:
Die Geschichte des Lythrum salicaria als Heilpflanze reicht weit bis in das Altertum zurück. Nach Plinius hat sich bereits Erasistrates der Pflanze als eines Mittels gegen Ekzeme bedient. Dioskurides empfiehlt sie gegen Blutspeien, Ruhr und Metrorrhagie. De Haen empfahl sie als Antidiarrhoikum. Auf Grund des Gerbstoffgehaltes wurde im 18. Jahrhundert die Pflanze auch als Loh- und Gerbmaterial empfohlen.
Wirkung
Für die schon im Altertum als Adstringens gebrauchte gerbstoffhaltige Pflanze führt auch Hecker als Indikationen Diarrhöe, Dysenterie, asthenische Blut- und Schleimflüsse, insbesondere Bluthusten, Fluor albus und Harnruhr, auf. Allerdings schreibt er, daß das Mittel nur noch selten Verwendung finde, ebenso v. Haller, der es nur als Wundkraut zum äußerlichen Gebrauch nennt.
In der französischen Medizin wurde dagegen dem Mittel mehr Beachtung geschenkt. So verwendete Fouquet es als starkes Antidiarrhoikum. Seine Angaben wurden von Campardon bestätigt gefunden, der Lythrum infolge des Gerbstoff- und Schleimgehaltes gleichzeitig für ein gutes Adstringens und Sedativum hält. Er machte auch gute Erfahrungen mit der Anwendung bei Pruritus, Varixgeschwüren und verschiedenen Dermatopathien wie Ekzemen und Intertrigo.
Von der antidiarrhoischen Wirkung konnte sich Leclerc während des Krieges im Felde häufig überzeugen, da er den Infus der frischen Pflanzen mit gutem Erfolge bei hartnäckigen Diarrhöen anwandte.
Auch andere französische Autoren bezeichnen die Pflanze als starkes Hämostyptikum und Adstringens, das sich besonders bei Bakterienruhr von spezifischer Wirkung zeigte.
Auch nach Schulz wird Lythrum salicaria neuerdings wieder als gutes Mittel bei akuten und chronischen Enteritiden und Diarrhöe der Säuglinge genannt.
Das Kraut enthält außer Gerbstoff u. a. Glucose, etwas Lävulose, Stärke, Carotin und viel Pectinstoffe.
Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):
Litauen: Das Infus des Krautes und der Wurzel gegen Verheben.
Polen: Kraut und Blüten bei Diarrhöen und Darmkatarrhen.
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Lythrum salicaria wird als Hämostyptikum und gegen Dysenterie, Diarrhöe, Typhus, akute und chronische Enteritis verordnet. Das zerquetschte Kraut wird auch äußerlich als Blutstillungsmittel gebraucht.
Angewandter Pflanzenteil:
In der Literatur wird in erster Linie das blühende Kraut verwendet. Nur wenige Autoren nennen auch den Gebrauch der Wurzel. Das HAB. schreibt die frische Pflanze ohne Wurzel zur Herstellung für die Urtinktur vor (§ 3). Ich möchte dagegen die auch in der französischen Medizin übliche Verwendung der blühenden Sproßspitzen empfehlen. Diesen Ausgangsstoff hat auch das „Teep“.
Dosierung:
Übliche Dosis:
0,5 g des Fluidextraktes für Kinder (Schulz);
3-5 g des Fluidextraktes für Erwachsene (Leclerc).
1 Tablette der Frischpflanzenverreibung „Teep“ dreimal täglich.
(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,125 g Stip. Lythri salicariae.)
Maximaldosis:
Nicht festgesetzt.
Rezepte:
Bei Hämorrhagien, Dysenterie und Diarrhöe (nach Leclerc):
Rp.:
Stipit. c. flor. Lythri salicariae conc. 15,-20
D.s.: Zum heißen Aufguß mit 1/2 l Wasser. Tagsüber zu trinken.
________________________________ Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938 Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.