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Lavendel, Labiatae.

Name:

Lavándula officinális Chaix ex Vill. (= L. spica L. var. α und var. angustifolia All. = L. vulgaris var. α Lam., = L. angustifólia α Ehrh., = L. véra DC.). Echter Lavendel, Lavander, Lavender, Kleiner Speik. Französisch: Lavande, lavande femelle; englisch: Lavender; italienisch: Lavanda; norwegisch: Lavendel; polnisch: Lawenda; russisch: Lawanda; tschechisch: Levandule.

Verbreitungsgebiet

*

Namensursprung:

Der mittellateinische Name „Lavandula“ gehört zum lateinischen lavare = waschen, weil man das aromatische Kraut gern dem Waschwasser oder den Bädern zusetzte. Lavendel ist ein Lehnwort aus dem lateinischen „lavandula“.

Volkstümliche Bezeichnungen:

Flander, Valander, Flanderli (Schweiz), Blafendel (fränkisch). Aus dem lateinischen spica leiten sich ab: Spöhk, Spihk (Magdeburger Gegend), Spêkem (Henneberg), Spiek(e) (vielerorts). Nach dem angenehmen Geruch nennt man den Lavendel in der Schweiz Balsam, -blüemli, in Hannover auch Leiwehärsbedstroh (auch für andere duftende Labiaten). Esepe (Göttingen), Chirchesörpfli (Thurgau).

Botanisches:

Der kleine 20-60 cm hohe Halbstrauch mit stark verzweigten Ästen trägt lineale bis schmal-lanzettliche Laubblätter und sechs- bis zehnblütige grauviolette Scheinquirle, die zu ährigen Blütenständen vereinigt sind. Der Echte Lavendel ist an trockenen warmen Hängen des westlichen Mittelmeergebietes weit verbreitet. In Deutschland und bis nach Norwegen hinauf wird er noch kultiviert. In Norwegen allerdings bildet die an sich wärmeliebende Pflanze keine Samen mehr aus. Blütezeit: Juli bis September.

Geschichtliches und Allgemeines:

Das klassische Altertum scheint zwar nicht den Echten Lavendel, wohl aber die verwandte Art, den Stoechas-Lavendel, beachtet zu haben. Im Capitulare Karls des Großen fehlt er noch, wird dann aber im 12. Jahrhundert von der hl. Hildegard als heilkräftig genannt. Die Schule von Salerno schreibt in der „Flos Medicinae“:

„Salvia, castorium, lavendula, primula veris,

Nasturtium, althanas haec sanant paralytica membra.“

Der Gebrauch des Lavendels auf den britischen Inseln geht weit zurück, denn er ist schon unter den Arzneien der „Physicians of Myddvai“ (13. Jahrhundert) angeführt. Auch gegen Wassersucht und als Abortivum wurde er verwendet. Zur Parfümierung der Wäsche war er allgemein beliebt und wurde in der Umgebung von Wien in großem Maße angebaut. In der Steiermark träufelt man bei Schwerhörigkeit den Saft des Lavendelkrautes ins Ohr.

In Rußland wird Oleum Lavandulae und Oleum Spicae gegen Meteorismus und Gastritis verwandt, ebenso ist in Schweden das Lavendelöl mit Alkohol auf Zucker genommen als Belebungsmittel bekannt. Neben der Lavandula vera officinalis gibt es noch eine Lavandula spica DC. (= Lavandula spica var. ß L., = Lavandula vulgaris ß Lam., = Lavandula latifolia Vill.). Die Spikpflanze ist größer als Lavendel (80-90 cm) und wächst in den unteren Regionen Südfrankreichs bis zu 700 m Höhe, während die Lavandula vera erst in dieser Höhenlage zu wachsen beginnt. In den Arzneibüchern wird das Oleum Spicae schon im 13. Jahrhundert genannt. In dem Dispensatorium Noricum vom Jahre 1543 (1. Ausgabe) wird es aufgeführt. In der Ausgabe von 1589 wird es neben Oleum Lavandulae genannt. In bezug auf ihre medizinischen Wirkungen dürften sich die beiden Öle fast völlig gleichen.

Die Lavendelproduktion ist in den letzten Jahrzehnten erheblich gesteigert worden. In Südfrankreich, dem Hauptanbaugebiete, betrug sie 1925 125 000 kg gegen 6000 kg 1907.

Wirkung

Als bewährtes Nervinum werden die Lavendelblüten schon von Paracelsus gelobt, als Diuretikum, Emmenagogum, herzberuhigendes und blähungstreibendes Mittel, gegen Schlag und Sprachverlust, äußerlich gegen Zahnweh, Mundfäule, Kopfschmerz, Schwindel und Gliederlähmung von Bock.

Matthiolus nennt Lavandula ein „köstlich Kraut wider alle kalten Gebresten des Hirns und der Senader / als da ist der Schwindel / gantze und halbe Schlag / der fallend Siechtag / die Schlafsucht / Krampff / Zittern / Contract und Lähme“; es soll die verstopfte Leber und Milz öffnen, bei beginnender Wassersucht dienlich sein und als Kopfwaschmittel das Hirn stärken.

In ähnlicher Weise wird Lavandula auch von v. Haller empfohlen.

Die genannten Indikationen sind auch Weinmann bekannt. Außerdem schreibt er: „Vornemlich hat man bemercket, daß in harter und gefährlicher Geburt der Lavendelsame überaus große Nutzen habe.“

Als Aromatikum findet sich Lavendel in zahlreichen Volksmitteln. Äußerliche Anwendung findet die Abkochung der Blüte in der heutigen Volksmedizin zu Umschlägen bei Schwellungen und Sugillationen, die durch äußere Verrenkungen und Verletzungen entstanden sind.

Die 1-2% ätherisches Öl mit Linalylazetat enthaltenden Blüten vermehren – wie in Tierversuchen festgestellt wurde – die Gallensekretion. Höffding beobachtete bei einem Präparat aus Lavandula spica deutliche choleretische Wirkung neben einem cholagogen Effekt.

Cadéac und Meunier haben gezeigt, daß das Lavendelöl in therapeutischen Dosen als recht ausgesprochenes Narkotikum wirkt, es betäubt die Sensibilität, vermindert die Reflexerregbarkeit, setzt die Temperatur leicht herab, ebenso die Energie der Herzkontraktionen. Erst in toxischen Dosen wirkt es erregend.

Auf Grund dieser Untersuchungen hält Leclerc die Verwendung der Lavandula als Antispasmodikum für angezeigt, besonders bei Hustenanfällen. Er hatte beachtliche Erfolge damit bei Asthma, Keuchhusten, Grippe und Laryngitis mit zischendem und pfeifendem Atemgeräusch. Er verordnet innerlich das Infus (5 : 100) und äußerlich Räucherungen mit der Tinktur. Weiter schreibt er dem Mittel antiseptische Eigenschaften zu, wodurch das Bronchialsekret vorteilhaft verändert werden soll.

Die schon in der älteren Literatur behauptete diuretische Wirkung konnte durch neuere Beobachtungen von L. Mopurgo bestätigt werden.

Poulsson erwägt die Möglichkeit, daß das verdunstende Öl lokalanästhesierend wirke, wodurch sich die Beliebtheit der u. a. mit Lavendel gefüllten Kräutersäckchen bei Kontusionen und Schmerzen erklären ließe. Weiterhin wirken die Flor. Lavandulae beruhigend bei Migräne und nervösen Aufregungen.

Wegen seiner antiseptischen und eiterwidrigen Eigenschaften wird der Lavendel auch zur Wundbehandlung benutzt. Er ist Bestandteil der Species resolventes des Ergänzungsbuches zum DAB.

Vollmer fand in den Blüten 12% Gerbstoff, Balansard 0,12% Glukosid und etwas saures Saponin.

Hinsichtlich der Erhaltung der Fermente wurde festgestellt, daß Peroxydase und Oxydase im „Teep“-Präparat erhalten geblieben waren, während sie in der homöopathischen Tinktur nicht mehr nachweisbar waren.

Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):

Norwegen: Früher bei Epilepsie und Ohnmachten.

Steiermark: Zu Einreibungen, Waschungen und Bädern, gegen Blutandrang.

Ungarn: Gegen Kopfschmerzen, Schwindel, Leber- und Milzleiden und als Diuretikum.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Lavandula ist ein mildes Nervinum, das besonders bei Migräne gern gegeben wird. Man verordnet es bei Neurasthenie, Vertigo, nervösem Herzklopfen, allgemeinen nervösen Aufregungszuständen, Hysterie, Krämpfen, Ohnmachten und Schlaflosigkeit.

Als beruhigendes und schmerzstillendes Mittel wirkt es auch bei Koliken, außerdem wird es bei Blutandrang nach dem Kopfe, als Stomachikum, bei Gastritis, Meteorismus und bei Hydrops gebraucht.

Äußerliche Anwendung finden die Blüten als Badezucatz und das Öl zu Einreibungen bei Rheuma, Gicht, Neuralgien, Ischias und Skabies. Bei Fluor albus werden Spülungen gemacht.

Lavandula wird gern im Teegemisch mit Rosmarinus, Melissa, Primula veris, Hypericum, Lupulus, Valeriana und anderen beruhigenden und stärkenden Kräutern gegeben.

Angewandter Pflanzenteil:

Bei den älteren Schriftstellern findet sich neben der Erwähnung der Blüten auch noch die des Krautes, so bei Matthiolus, Geiger und Osiander. Neuerdings werden nur die Blüten verwendet, wie Dragendorff, Schulz, Hager, Thoms u. a. angeben. Die frischen Blüten nennt auch das HAB. (§ 3). Aus diesen wird auch das „Teep“ hergestellt.

Flores Lavandulae sind offizinell in Deutschland, Österreich, Schweiz, Holland, Frankreich, Belgien, Italien, Norwegen, Rumänien, Dänemark, Portugal, Spanien, Rußland, Venezuela, Mexiko, Japan, Chile.

Dosierung:

Übliche Dosis:

8 Tropfen des Öles (Hilverkus);

10-15 Tropfen der Tinktur (Dinand);

2-3 Teelöffel voll (= 3-4,5 g) zum heißen Infus täglich.

1 Tablette der Frischpflanzenverreibung „Teep“ dreimal täglich.

(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 50% Frischpflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,125 g Flor. Lavandulae.)

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt.

Rezepte:

Zu Einreibungen bei Gicht, Rheuma usw. (nach Hager):

Rp.:

Flor. Lavandulae

Spiritus  aa  10

Aceti (6%ig) 90

D.s.: äußerlich.

Rezepturpreis etwa 1.43 RM.

Bei nervösem Herzklopfen, Meteorismus und Kolik:

Rp.:

Flor. Lavandulae 30 (= Lavendelblüten)

D.s.: 3 Teelöffel voll mit 2 Glas Wasser heiß ansetzen, 10 Minuten ziehen lassen und tagsüber trinken.

Rezepturpreis ad chart. etwa -.72 RM.

Oder: Species aromaticae (Helv.):

Rp.:

Fl. Caryophyll. (= Gewürznelken)

Fl. Lavandulae (= Lavendelblüten)

Fol. Salviae (= Salbeiblätter)

Hb. Serpylli (= Kraut vom Wilden Thymian)

Rad. Angelicae (= Engelwurz)

Rhiz. Calami (= Kalmuswurzel)

Rhiz. Zedoariae  aa  10 (= Zitwerwurzel)

Fol. Menthae (= Pfefferminzblätter)

Hb. Majoranae  aa  15 (= Majorankraut)

M.f. species.

D.s.: 2 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser

vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.

Oder äußerlich: Unguentum aromaticum (Norweg.):

Rp.:

Olei Lavandulae 1

Olei Juniperi

Olei Rosmarini  aa  2

Olei Lauri

Cerae flavae  aa  10

Sebi 20 Adipis 55

M.f. unguentum.

D.s.: äußerlich.

Rezepturpreis ad oll. tect. etwa 2.40 RM.

Als Nervinum (nach Fr. Wolf):

Rp.:

Flor. Lavandulae (= Lavendelblüten)

Fol. Menthae pip.  aa  20 (= Pfefferminzblätter)

Rad. Valerianae (= Baldrianwurzel)

Flor. Chamomillae  aa  30 (= Kamillenblüten)

D.s.: Zwei- bis dreimal täglich eine gute Tasse, 10 Minuten aufbrühen, warm trinken.

Zubereitungsvorschlag des Verfassers: 3 Teelöffel auf 2 Glas Wasser

vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.

Rezepturpreis ad chart. etwa 1.74 RM.

Oder (nach E. Becker):

Rp.:

Flor. Lavandulae (= Lavendelblüten)

Fol. Rosmarini (= Rosmarinblätter)

Fol. Melissae (= Melissenblätter)

Flor. Primulae  aa  25 (= Primelblüten)

D.s.: 2 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser

vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.

Rezepturpreis ad chart. etwa 2.43 RM.

Bei Schlaflosigkeit (nach Rose):

Rp.:

Flor. Lavandulae (= Lavendelblüten)

Rad. Valerianae (= Baldrianwurzel)

Strob. Lupuli (= Hopfen-Fruchtzapfen)

Hb. Betonicae (= Heilziestkraut)

Hb. Hyperici  aa  20 (= Johanniskraut) C.m.f. species.

D.s.: 2 Teelöffel auf 1 Glas Wasser

vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.

Abends zu trinken.

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Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938
Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.

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