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Stechpalme, Aquifoliaceae.

Name:

ílex aquifólium L. Stechpalme, Hülse. Französisch: Houx; englisch: Holly; italienisch: Aquifolio, agrifolio, alloro spinoso; dänisch: Almindelig Kristtorn; norwegisch: Kristtorn, Beinved; tschechisch: Cesmina evropská; ungarisch: Magyal.

Verbreitungsgebiet

Namensursprung:

Der ursprünglich von den Römern für die Steineiche gebrauchte Name Ilex ist wohl infolge der ähnlichen Blätter auf die Stechpalme übertragen worden; aquifolium, zusammengesetzt aus dem lateinischen acus = Nadel und folium = Blatt weist auf die stachelspitzigen Blätter hin. Ebenso sollen wohl auch mit der deutschen Bezeichnung Stechpalme die spitzen, immergrünen Blätter charakterisiert werden.

Volkstümliche Bezeichnungen:

Döörn (Emsland), Schwobetörn (Thurgau), Stechlaub (Schweiz, Baden), Stechle, Stechholder (Baden), Walddistel (Eifel, Hunsrück), Raßlaub, bayrisch raß = scharf, Waxlaub, bayrisch war = scharf (Oberbayern), Balme für die stachellose Abart (Schweiz), Palmdorn (Berner Oberland), Muttlepalme, Bäälipalme, stachellos (Baden), Gaispalme, stachellos (St. Gallen), Quacken, zu queck, lebendig, immergrün (Gütersloh), Groaschpa = grüner Span (Oberbayern). Christdorn (Schleswig) geht ebenfalls darauf zurück, daß man die Pflanze als Ersatz für die Palmen benutzte. In der Schweiz dient ein Splitter der Stechpalme als Spisehölzli (Thurgau), um auf dem Wege der „Sympathie“ in der Haut steckende Holzsplitter („Spîse“) auszuziehen. Der Name Vogesengrün (Elsaß) ist ein „Kunstname“, da die Stechpalme das Wahrzeichen des Vogesenklubs ist.

Botanisches:

Der bis 10 m hohe Baum oder Strauch trägt eiförmige, stachelspitzig-gezähnte Blätter, die durch eine lederartige Epidermis gegen zu starke Verdunstung geschützt sind. Das einzelne Blatt hat nach Hoffmann meist eine Lebensdauer von 25 Monaten. Die blattachselständigen Blüten sind durch Verkümmerung des einen Geschlechtes zweihäusig geworden. Einen „Geschlechtswechsel“ konnte Foerster an der größten deutschen Stechpalme in Mittel-Enkeln bei Kürten beobachten. Dieser Baum trug im Jahre 1910 weibliche Blüten, im Jahre 1916 hingegen konnte Foerster nur männliche Blüten feststellen. Die korallenroten Steinfrüchte werden von den Vögeln nur in harten und schneereichen Wintern verzehrt.-Ilex aquifolium wird im großen und ganzen als Buchen- und Eichenbegleiter angesprochen. Seine Heimat ist das Mittelmeergebiet und die Gebiete längs der Küste bis Südnorwegen. Die Pflanze meidet reinen Kalk und bevorzugt in Sandgebieten Lehm als Untergrund. Blütezeit: Mai bis Juni.

Ilex aquifolium darf in Deutschland zum Sammeln für den Handel oder für gewerbliche Zwecke nicht freigegeben werden.

Geschichtliches und Allgemeines:

Die Stechpalme und ihre medizinische Verwendung sollen schon im hohen Altertum bekannt gewesen sein, jedoch bleibt es noch dahingestellt, ob mit den auf sie gedeuteten Belegstellen (πρΐνος άγρα [prinos agria] des Theophrast, „ilex aquifolia“ des Plinius) auch wirklich unsere Pflanze gemeint ist. Plinius empfiehlt die zerquetschten Blätter der „aquifolia“ gegen Gelenkkrankheiten, die Beeren gegen Ruhr, Gallenleiden, Verdauungsbeschwerden und Frauenkrankheiten. In den Kräuterbüchern des Mittelalters finden wir nur recht spärliche Nachrichten über die Verwendung der Pflanze in der Heilkunde. Im 16. Jahrhundert bringt Lonicerus, der sie zuerst unter dem Namen Ilex aquifolium unter Hinweis auf Plinius aufführt, eine recht unbeholfene Abbildung. Bessere Darstellungen geben Bock und Matthiolus. Die Bereitung eines guten Vogelleims durch Zerquetschen und Gären der Rinde war schon im Mittelalter gebräuchlich.

Im Bergischen ist die Verwendung gegen Gelbsucht recht häufig und zwar werden dort nur die unbestachelten Blätter zu diesem Zweck benützt. In der Gegend von Calw (Württemberg) werden die mit Zucker eingemachten Früchte als gutes Mittel gegen Seitenstechen empfohlen. Außerhalb der Heilkunde findet die Stechpalme auch verschiedene Verwertung, so werden die Zweige sehr viel in der Kranzbinderei, als frisches Grün zu Weihnachten (besonders in England), am Palmsonntag usw. benützt und das Holz zu verschiedenen Drechslerarbeiten gebraucht. Durch ihre auffallende Erscheinung hat die Pflanze auch zu manchem Aberglauben und verschiedenen Legenden Anlaß gegeben. In der Schweiz erzählte man sich, daß das Volk, als Christus in Jerusalem einzog, Palmen auf den Weg streute; als man aber „kreuziget ihn“ rief, bekam die Palme, von der man die Zweige abgeschnitten hatte, Dornen, und so entstand die Stechpalme.

Die Species Ilex paraguayensis liefert den bekannten Matétee.

Wirkung

Lonicerus, Bock und Matthiolus empfehlen die Stechpalmenblätter bei Seitenstechen, letzterer auch bei Husten, äußerlich bei verrenkten Gliedern und harten Beulen.

Auch Weinmann ist der innerliche Gebrauch gegen veralteten Husten, Bauchschmerzen, Gelbsucht, der äußerliche gegen Verrenkungen und Verhärtungen bekannt.

Osiander läßt sie bei Gicht und Rheumatismus anwenden.

Nach Schulz sollen sie bei Intermittens erfolgreich gewirkt haben und in der Volksmedizin bei Fieber, chronischem Bronchialkatarrh und wegen ihrer angeblich diuretischen Eigenschaft bei Arthritis und Lithiasis angewandt worden sein.

Nach Meyer wurden die Früchte (Baccae Aquifolii) früher gegen Epilepsie und als Abführmittel angewendet.

In der homöopathischen Literatur werden Diarrhöe, Augenkrankheiten, Staphyloma, Gelbsucht, Wechselfieber und Milzschmerzen als Indikationen genannt.

Waud stellte an Froschherzen typische Digitaliswirkung fest, die schließlich zum systolischen Herzstillstand führte. Bei einer Verwandten, der Ilex opaca, beobachtete er antipyretische, tonisierende und diaphoretische Wirkung.

In den Blättern von Ilex aquifolium findet sich u. a. Gerbstoff und das glykosidische Ilicin, Ilexanthin, Ilexsäure. Die Asche der Blätter enthält u. a. auch 20,6% MgO.

Bei Kindern sollen die Beeren Gastroenteritis mit tödlichem Ausgange hervorgerufen haben.

Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):

Dänemark: Gegen Wechselfieber.

Norwegen: Früher als Dekokt bei Lungenleiden (I. R.-K.).

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Ilex aquifolium (der deutsche Matétee) wird als Bitterstoffpflanze bei Fieber verordnet, insbesondere bei Pneumonie, Pleuritis, Appendizitis, Scharlach, Typhus, Masern und Febris intermittens, wobei die kardialen und diuretischen Komponenten unterstützend wirken.

Zur Steigerung der Diurese dient die Stechpalme bei Hydrops (hier wird sie von Klöpfer in nachstehender Teemischung sehr gelobt), Gicht und Rheuma, weiter wird sie bei Husten, Seitenstechen, Diarrhöe, Dyspepsie und Ikterus empfohlen.

Angewandter Pflanzenteil:

Außer Matthiolus, der auch den Gebrauch der Beeren kennt, und Clarke, der noch die Beeren und jungen Sprossen zur Herstellung der Tinktur empfiehlt, nennen alle Autoren (Lonicerus, Bock, Osiander, Schulz, Künzle) die Blätter als verwendete Teile. Das HAB. läßt die im Juni gesammelten frischen Blätter der Pflanze verwenden (§ 2). Das „Teep“ wird ebenso bereitet.

Dosierung:

Übliche Dosis:

15-20 g der Blätter täglich im Infus (Dinand).

1 Tablette der Frischpflanzenverreibung „Teep“ dreimal täglich.

(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,125 g Fol. Ilicis.)

In der Homöopathie:

dil. D 1-2.

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt.

Rezepte:

Bei Wechselfieber und Gicht (nach Hecker):

Rp.:

Fol. Ilicis aquifol. conc. 15 (= Stechpalmenblätter)

D.s.: Mit etwa 1/2 1 Wasser allmählich zur Hälfte einkochen. Diese Menge tagsüber trinken.

Rezepturpreis ad chart. etwa -.46 RM.

Bei Hydrops (nach Klöpfer):

Rp.:

Fol. Ilicis aquifol. (= Stechpalmenblätter)

Fol. Hederae helicis (= Efeublätter)

Hb. Equiseti (= Schachtelhalmkraut)

Fol. Rosmarini (= Rosmarinblätter)

Sem. Petroselini (= Petersiliensamen)

Corticis Phaseoli (= Bohnenschalen)

Fol. Betulae  aa  10(= Birkenblätter)

C.m.f. species.

D.s.: 3 Teelöffel auf 2 Glas Wasser

vgl.Zubereitung von Teemischungen S. 291.

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Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938
Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.

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