Wiesen-Bärenklau, Umbelliferae.
Name:
Heracléum sphondýlium L. (= Sphondylium branca ursina All.). Wiesen-Bärenklau, Unechte Bärenklau, Heilkraut. Französisch: Fausse branc-ursine, berce, corne de chèvre, patte de loup, patte d’ours; englisch: Common cowparsnip, hogweed, bear’s breech, brankursine, swineweed; italienisch: Sedano dei prati, panacea, spondilio; dänisch: Almindelig Björneklo; norwegisch: Björnekjeks; polnisch: Barszcz; russisch: Borszczewik; tschechisch: Bolšewnik; ungarisch: Medvetalp.
Verbreitungsgebiet
Weiteres Vorkommen: West-u. Nordasien, Ostsibirien, westl. Nord-Afrika. Verschleppt in Nordamerlka (Ostküste).
Namensursprung:
Der Gattungsname „Heracleum“, den Plinius gebraucht, ist von unsicherer Bedeutung, er soll von dem Heros Herakles oder Herkules, der die Heilkraft der Pflanze entdeckt haben soll, abgeleitet sein. Sphondylium ist ein altgriechischer Pflanzenname, dessen Herkunft nicht feststeht. Bärenklau und verschiedene andere volkstümliche Bezeichnungen beziehen sich auf die Gestalt der rauhhaarigen Blätter.
Volkstümliche Bezeichnungen:
Als Volksname ist Bärenklau oder eine entsprechende Bezeichnung (althochdeutsch lappo = Ruder, dann auch Tatze, Latsche, eigentlich Pantoffel, Schlappschuh; Tappe = [weicher] Tierfuß) weit verbreitet, z. B. Bärepot = -pfote (Nahegebiet), Bornklawen, Barnklawe, Bärnklawe (Gotha), Bärlape (Unterfranken), Bärentatz’n (schlesisch, bayrisch-österreichisch) usw. Auf die rauhe Behaarung der Pflanze gehen ferner Ochsenzunge (Eifel, Sachsen), Ruchmûl = Rauhmaul (Gotha), Kaumûle (Göttingen). Pferdskümmel (Eifel), Pferdekümmel (Egerland, Riesengebirge), Roßkemmich, Gaulkemmisch (Schwaben), Roßchümmi (Schweiz) bezeichnen den Bärenklau als kümmelähnliche Pflanze. Die Pflanze bildet eine Nahrung für Schweine und Kaninchen, daher Säuchrut, Süschärlig, Chüngelichrut (Schweiz).
Botanisches:
Die zweijährige bis mannshohe Pflanze ist in Eurasien heimisch. Der röhrige, kantig gefurchte Stengel ist mit meist rückwärts gerichteten Borstenhaaren besetzt und führt im Frühjahr einen scharfen gelblichen Saft mit schwachem Möhrengeruch. – Heracleum ist besonders in Fettwiesen, feuchten Waldlichtungen, an Deichen und Wegrändern anzutreffen. Seine Laubblätter können in Zerteilung und Behaarung sehr verschieden sein. Es kommen ungeteilte, gelappte und fiederschnittige Blätter vor. Die Blattscheiden sind stark aufgetrieben. Die meist weißen Blüten stehen in großen, endständigen Dolden. Die Randblüten sind strahlend. Die nitrophile Pflanze (Ruderalpflanze) wird durch kräftige Kaliphosphatdüngung vernichtet. Blütezeit: Juni bis September.
Geschichtliches und Allgemeines.
In den Schriften der alten Römer und Griechen läßt sich unser Heracleum sphondylium nicht mit Sicherheit nachweisen. Erst bei den „Vätern der Botanik“ (Gesner, Matthiolus, Bauhin, Tournefort) wird es bestimmt bezeichnet. Es wurde viel als erweichendes und zerteilendes Mittel gebraucht; besonders die gekochte Wurzel wurde zum Aufweichen von Geschwüren, namentlich der der Leber, aufgelegt. Die Wurzel galt auch als verdauungsfördernd und als Mittel gegen Epilepsie, Dysenterie und Krankheiten der Milz. Im Osten wird der Bärenklau von den Litauern und Polen schon seit langem zur Herstellung von einer Art Bier benutzt. Er kann auch als natürlicher Wespenfänger bezeichnet werden, denn sein Blütenhonig berauscht die Wespen so stark, daß sie kaum noch fliegen können und meist zur Erde fallen, wenn man sie von der Blüte entfernt.
Wirkung
Matthiolus rühmt Kraut und Wurzel bei Leberleiden, Ikterus und beschwerlichem Atem, den Blütensaft äußerlich gegen schwärende und eiternde Ohren.
Orne sah in drei von fünf Fällen bei Epilepsie, verbunden mit Flatulenz und krankhafter Sensibilität des Magens, gute Erfolge durch Verordnung der Bärenklauwurzel oder -blätter.
Nach Hecker schrieben die Ärzte früherer Zeit der Wurzel die Kraft zu, die Entstehung des Weichselzopfes zu verhüten, und die Litauer genossen sie deshalb häufig in Suppen.
Dragendorff führt das Kraut als Resolvens an.
Nach Schulz soll die Wurzel bei Dysenterie mit dem Kraut zusammen, innerlich und äußerlich gegen Geschwülste dienlich sein. Auf die Haut gelegt, verursacht die Pflanze Entzündungen.
Leclerc beobachtete gute Erfolge mit der Darbietung des Fluidextraktes bei sexueller Neurasthenie.
Heinigke schreibt von Heracleum: „Es hat eine hervorragende Wirkung auf die Verdauungsorgane, ferner wirkt es auf die Geschlechtsorgane und auf die Haut.“
Als Inhaltsstoffe des Wurzelstockes werden genannt: Glutamin und Arginin, Galactan und Araban. Die Früchte enthalten ätherisches Öl.
Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):
Dänemark: Gegen Verdauungsstörungen.
Polen: Als Wildgemüse.
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Heracleum sphondylium wird nur selten verordnet, so gelegentlich bei Muskelkrämpfen mit gastrischen Störungen, bei Verdauungsbeschwerden, Diarrhöe, Dysenterie und Gastritis und Enteritis mit Durchfällen infolge von Erkältung (hier in Verbindung mit Tormentilla). Weiter hat es sich bei Dermatopathien, auch Seborrhoea capillitia, hysterischen Krämpfen und nervösen Leiden bewährt.
Von Eisenberg, Würzburg, wird das Mittel bei Kropf und Basedow empfohlen. Auch versuchte er es bei Star der Diabetiker, doch erscheint ihm hier der Dauererfolg fraglich.
Bei Husten, Heiserkeit, Zungenlähmung und -geschwüren läßt J. Bastian 30 Tropfen der Urtinktur auf 1 Glas stündlich schluckweise nehmen.
Angewandter Pflanzenteil:
Samen, Kraut und Wurzel werden von Matthiolus, Bock und v. Haller als gebräuchlich bezeichnet.
Auch Dinand, Dragendorff und Kroeber nennen diese Teile.
Das Kraut allein nennt Heinigke und die Wurzel allein Geßner, während Schulz Kraut und Wurzel erwähnt.
Für die angeführten Indikationen kommt aber wohl nur das Kraut mit der Wurzel in Betracht.
Das HAB. läßt das frische Kraut verwenden (§ 1).
Zur Bereitung des „Teep“ wird die frische Pflanzemit Wurzel benutzt.
Dosierung:
Übliche Dosis:
2 g des Fluidextraktes (Leclerc).
1/2 Teelöffel voll der Frischpflanzenverreibung „Teep“ dreimal täglich.
(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt.)
In der Homöopathie:
Ø bis dil. D 1.
Maximaldosis:
Nicht festgesetzt.
Rezepte:
Bei Epilepsie und Verdauungsbeschwerden:
Rp.:
Hb. Heraclei sphondylii 30 (= Bärenklaukraut)
D.s.: 3 Teelöffel voll mit 2 Glas Wasser kalt ansetzen, 8 Stunden ziehen lassen
und tagsüber schluckweise trinken
Bei Gastritis und Enteritis mit Diarrhöe (nach Niebergall):
Rp.:
Hb. c. rad. Heraclei 30 (= Bärenklaukraut mit Wurzel)
Rad. Tormentillae 20 (= Tormentillwurzel)
M.f. species.
D.s.: 4 Teelöffel auf 2 Glas Wasser
vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.
________________________________Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938 Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.