Efeu, Araliaceae.
Name:
Hédera helix L. Efeu. Französisch: Lierre commun, lierre grimpant, lierre des poëtes; englisch: Ivy, bindwood, woodbind; italienisch: Edera, ellera; dänisch: Vedbend, Efeu; norwegisch: EfØi. Bergflette; polnisch: Bluszcz; russisch: Pluszcz; schwedisch: Murgröna; tschechisch: Břečtan obecný; ungarisch: Borostyán.
Verbreitungsgebiet
Weiteres Vorkommen: Nordpersien, Armenien, Kurdistan und Libanon. In Nordamerika eingeführt.
Namensursprung:
Hedera ist der lateinische Name des Efeu, der schon von Virgil und Plinius gebraucht wurde; helix ist bei Plinius ebenfalls die Bezeichnung des Efeu oder eines efeuähnlichen Gewächses und wird vom griechischen λσσειν (helíssein) = winden, herumdrehen abgeleitet. Die Herkunft des Wortes Efeu ist noch nicht festgestellt worden.
Volkstümliche Bezeichnungen:
Die ursprüngliche Form Ebheu hat sich besonders noch im Oberdeutschen erhalten: Ewâ (Oldenburg), Ewek (Göttingen), Epfa, Epha (Ostfriesland), Eva (Osnabrück), Efa (Oberharz), Eppch (Frankfurt), Epphae (Schwäbische Alb), Ewich (Lothringen), Abhäu, Hawäi, Abheid (Elsaß), Ebhöö, Abheu (Schweiz), Ebaam (Tirol: Etschland). Auf den Standort bzw. die Wuchsform beziehen sich Bam-lêfer = Baumläufer (Nassau), Steinleifer (Nordböhmen), Baumtod (Niederösterreich), Klimmup (Ostfriesland), Kreiser, weil der Efeu den Baum umkreist? (Schwäbische Alb).
Botanisches:
Das kriechende oder kletternde Holzgewächs wird schon von den antiken Botanikern meist ausführlich besprochen, da die Vielgestaltigkeit der Blätter und der Arbeitsteilung der Wurzeln ihr Interesse erregten. – Der Efeu ist unser einziger einheimischer „Wurzelkletterer“, bei dessen Wurzeln es zu einer Arbeitsteilung in Nährwurzeln und Haftwurzeln gekommen ist. Er ist also kein Schmarotzer. Die Blätter der nichtblühenden Sprosse sind drei- bis fünfeckig gelappt, die der blühenden Sprosse aber sind ei-rautenförmig bis lanzettlich. Seine in traubiger Anordnung stehenden Blütendolden erscheinen erstmalig im September des achten bis zehnten Jahres. Der kleine weißfilzige fünfzähnige Kelch ist mit dem Fruchtknoten verwachsen. Die fünf Kronenblätter sind blaßgelb und stehen abwechselnd mit den fünf Staubgefäßen. Die Früchte reifen erst im Frühjahr des nächsten Jahres und stellen erbsengroße schwarze Beeren dar. Die immergrüne Schattenpflanze liebt Kalkboden und warmes, feuchtes Klima, meidet jedoch Torf und ist häufig in steinigen Mischwäldern Europas und Afrikas als Begleiter der Buche und Eiche anzutreffen.
Geschichtliches und Allgemeines:
Schon im klassischen Altertume spielten Efeukränze und -blätter eine kultische Rolle und wurden häufig zu ornamentalen Darstellungen benützt. Im alten Ägypten galt der Efeu der Osiris und bei den Griechen dem Dionysos oder Bacchus heilig. Es war Gewohnheit, die Statuen des Bacchus mit Efeu zu schmücken, und dieser erregte daher bacchische Ausgelassenheit, wie dies im Chor bei Sophokles heißt: „O sehet, es erregt mir den Geist der Efeu, der zum bacchischen Lusttaumel mich entrückt.“ Noch heute ist der Efeu das Symbol der Geselligkeit, Heiterkeit und Freundschaft. Aber nicht nur im Kulte, sondern auch in der Heilkunde fand er frühzeitig Verwendung. So werden in den hippokratischen Schriften Wurzel, Blätter und Beeren des Efeu als Arzneimittel zu innerem und äußerem Gebrauch genannt. Auch Dioskurides empfiehlt die Blüten, in Wein getrunken, gegen Dysenterie und mit Wachssalbe fein zerrieben als gutes Mittel gegen Milzleiden, während ihr Saft Ohren- und Kopfschmerzen heile, und der junge Blättersproß als Emmenagogum verwendet werden könne. Das aus dem Stamme schwitzende Harz gebrauchte Alexander Trallianus in Salbenform gegen Gichtknoten. Vom inneren Gebrauch des Efeus wollen verschiedene Schriftsteller des Altertums Anfälle von Geistesstörungen beobachtet haben.
Im Mittelalter und in den Kräuterbüchern des 16. Jahrhunderts finden wir die Anwendungsweisen der Alten in der Hauptsache wiederholt. Aus dem ziemlich weichen, porösen Holze, das auch gut für Milzsüchtige sein sollte, wurden Becher zum Filtrieren des Weines gedreht, während aus Efeu geschnitzte Löffel vor Halsweh und Bräune schützen sollten.
In Oberösterreich und Salzburg wird der Efeu heute noch zu tierärztlichen Zwecken angebaut. Ziegen, die die Blätter des Efeu fressen, sollen besonders viel Milch geben. Das ausfließende Harz (Gummiresina hederae) findet als Räuchermittel, Enthaarungsmittel und als Plombiermasse der Zähne Verwendung. Es gilt auch als Aphrodisiakum. Ein Dekokt aus den Blättern wird im Volke bei Lungentuberkulose getrunken, der Extrakt wird auf Geschwüre aufgelegt, die etwas giftigen Beeren gelten auch als Diaphoretikum und Antipyretikum.
Der Name Hedera ist nicht zu verwechseln mit Hedera terrestris, der alten Bezeichnung für die Gundelrebe, Glechoma hederacea.
Wirkung:
Von Hippokrates wird der Efeu häufig angeführt.
Von Bock und Matthiolus wird er als stopfendes, steintreibendes Mittel, gegen Milzsucht und Nasenpolypen gerühmt.
Osiander erwähnt ihn als Hühneraugenmittel.
Eine aus Efeublättern bereitete Salbe empfiehlt Leclerc bei Zellgewebsentzündung.
Efeu, Schafgarbe, Kamille, Benediktenkraut, Tormentilla sind nach Janson gute Wundmittel.
Das in den Blättern enthaltene Glykosid Hederin ruft nach Schulz in kleinen Dosen Gefäßerweiterung, in größeren Verengung und gleichzeitig Verlangsamung des Herzschlags hervor. Es soll auch stark hämolytisch wirken.
Durch die vaskuläre Wirkung erklärt sich wohl der volksmedizinische Gebrauch des Efeus bei Menorhagie und chronischen Katarrhen.
Außerdem wird der Efeu in der Volksmedizin noch gegen Rachitis, veraltete Katarrhe, Podagra, Stein- und Milzleiden, äußerlich gegen Geschwüre, Entzündungen, Brandwunden usw. angewendet.
Über die Verwendung in der tschechischen Volksmedizin gibt folgende, mir von Dostál zur Verfügung gestellte Übersicht Auskunft:
Nach Veleslavín (1) heilt der Efeu die Ruhr, Milz- und Nierenerkrankungen, starken Weinrausch, Fraisen, Magenerkrankungen, Tuberkulose und Wechselfieber. Mit Safran genommen regelt er die Menses; äußerlich wird er bei Verbrennungen, Kopfschmerzen, Nasen- und Beingeschwüren, Krätze und Kinderblattern benutzt. Bei Zahnschmerzen wird der Saft in das gegenüberliegende Ohr eingeträufelt. Die Beeren werden zur Erleichterung der Geburt verwendet. Der Efeusaft wird gegen Kopfschmerzen verwendet und die Umschläge aus dem Dekokt auf Verbrennungen gelegt (2). In Schlesien verwendet man pulverisierte Blätter gegen heftigen Husten (3). In Mähren heilt man offene Wunden durch einen Efeuaufguß (4).
Literatur: (1) Veleslavín, 1596, 202 A; (2) Zíbrt, Vavák, čL. XVII. 237; (3) Vluka, Slez. apat. čL. VIII. 53; (4) Vyhlídal, Malůvky z Hané, 106.
Auch die Homöopathie macht von ihm bei rachitisohen Zuständen Gebrauch. Mezger berichtet von einer Frau, die an der homöopathischen Prüfung des Efeu teilgenommen hatte. Diese hatte vorher jedes Jahr schwere Nasenkatarrhe mit Beteiligung der Stirnhöhle gehabt. Auch während der Prüfung traten ähnliche Beschwerden mit viel Niesanfällen, Halsweh und dergl. auf. Erst 3 1/2 Jahre nach der Prüfung erzählte sie, daß sie sich seitdem selten mehr erkältet und vor allem nie mehr eine Stirnhöhlenaffektion bekommen habe.
Äußerlich verursacht Hedera stark juckenden urtikariellen Ausschlag.
Die kurzdauernde Vergiftung eines 3 1/2 jährigen Knaben, der eine größere Mengen Efeublätter gegessen hatte, wird von Tourton beschrieben. Es traten Delirien abwechselnd mit Stupor ohne völligen Bewußtseinsverlust auf, ferner Konvulsionen, Halluzinationen, scharlachartiger Ausschlag an Beinen, Gesicht und Rücken, schneller, voller, hüpfender Puls und Temperaturerhöhung. Erbrechen und Durchfall fehlten.
Nach R. Kobert finden sich in den Blättern fünf verschiedene Saponine. Bei den Untersuchungen Kofler-Fischers war der Saponinnachweis am stärksten in Epidermis und Mesophyll, schwächer in Rinde und Mark, am schwächsten im Holz. Das in den Früchten reichlich vorhandene Harz enthält das Glykosid Hederin (= Helixin). Ferner werden angegeben ein „Hederaglykosid“, Hederagerbsäure, flüssiges und festes Fett, Cholesterin, Chlorogensäure, Pectin, Inosit, Ameisen- und Äpfelsäure u. a. m..
Bei Untersuchungen bezüglich des Saponingehaltes wurde in der homöopathischen Urtinktur ein hämolytischer Index von 1 : 20, im „Teep“-Präparat ein solcher von 1 : 1500 festgestellt.
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Als reinigendes und auflösendes Mittel wird Hedera helix bei chronischem Katarrh, Schwindsucht mit starker Verschleimung, Fluor albus, Leber-, Gallen- und Milzleiden, Ikterus, Lithiasis, insbesondere Cholelithiasis, Gicht, Rheuma und Podagra angewandt. Recht häufig wird es auch bei Rachitis, Skrofulose und Hydrocephalus (hier im Wechsel mit Helleborus) empfohlen. Bei Zahnschmerzen und Wurzelhautentzündung machte Glaser, Karlsbad, mit der Verordnung von Hedera Oligoplex gute Erfahrungen.
Bei Nasenpolypen, Favus, Skabies, Hühneraugen, Warzen, Schwielen, Brandwunden und eiternden Wunden ist die äußerliche Anwendung des Efeusvon Nutzen.
Angewandter Pflanzenteil:
Hippokrates erwähnt nur die Blätter, Bock dazu noch die Blüten und Matthiolus außerdem die Beeren und das Holz.
Blätter und Beeren werden auch nach v. Haller gebraucht, und Geiger nennt Holz und Harz.
Später findet sich nur noch eine Angabe bei Dragendorff, daß Blätter, Beeren, Holz und Harz verwendet würden.
Alle anderen Autoren sprechen entweder von Blättern, so Osiander, Leclerc, Schulz, F. Müller, Friedrich, Thoms, oder von den Schossen, so Heinigke, Kroeber, Clarke und das HAB. (§ 3). Das „Teep“ wird ebenfalls aus den frischen Schößlingen gewonnen, die von August bis September geerntet werden.
Dosierung:
Übliche Dosis:
1/2 Teelöffel voll (= 1 g) der Blätter zum kalten Auszug täglich.
1 Tablette der Frischpflanzenverreibung „Teep“ dreimal täglich.
(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 10% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,025 g Stip. Hederae helicis.)
In der Homöopathie:
dil. D 1.
Maximaldosis:
Nicht festgesetzt, doch sind größere Dosen nur unter Vorsicht zu verordnen.
Rezepte:
Zur Anregung der Leber- und Gallensekretion, bei Lithiasis und bei Rachitis:
Rp.:
Fol. Hederae helicis 50 (= Efeublätter)
D.s.: 1/2 Teelöffel voll mit 1 Glas
Wasser kalt ansetzen, 8 Stunden ziehen lassen und tagsüber trinken
Rezepturpreis ad chart. etwa -.46 RM.
Bei Nasenpolypen:
Rp.:
Hedereae helicis Ø
O.P. 30
D.s.: Mehrmals täglich die Tinktur mit Wasser 1:3 verdünnt inhalieren oder zu Nasenspülungen benutzen. O.P.
Flasche mit etwa 30 g 2.02 RM.
Bei Zellgewebsentzündung zu Kataplasmen (nach Leclerc):
Rp.:
Tct. Fol. Hedereae helicis 10
Ol. Origani gtt. XX
Lanolini 10 Vaselini ad 100
M.f. unguentum.
D.s.: Mit der Salbe wird ein Leinsamenkataplasma vor dem Auflegen bestrichen.
Rezepturpreis ad oll. tect. etwa 1.60 RM.
Bei Leberleiden und Ikterus (nach Klöpfer):
Rp.:
Fol. Hederae helicis 10 (= Efeublätter)
Fol. Juglandis regiae 30(= Walnußblätter)
Hb. Cichorii 60 (= Kraut der Wegwarte)
C.m.f. species.
D.s.: 1 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser
vgl. Zubereitung für Teemischungen S. 291.
________________________________Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938 Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.