Pfeilgift, von verschiedenen Strychnosarten.
Name:
Curare. Pfeilgift.
Verbreitungsgebiet
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Namensursprung:
Curare gehört zu den Drogennamen, die aus den Eingeborenensprachen Süd- und Mittelamerikas stammen, und zwar ist das aus der Tupissprache entlehnte Wort aus ur = kommen und ar = fallen mit Beziehung auf seine Wirkung als Pfeilgift entstanden.
Botanisches:
Zur Gattung Strychnos, die zur Familie der Loganiaceen zählt, gehören Bäume und Sträucher, die in den Tropen ihre Heimat haben. Ihre nervigen Blätter sind gegenständig. Die Blüten bilden blattachselständige oder endständige Trugdolden. Die röhrig-trichterförmige Krone ist ebenso wie der glockige Kelch fünfspaltig. Dieser ist mehr oder weniger tief gespalten und hinfällig. Die Frucht ist eine ziemlich große kugelige oder ovale Beere mit brüchiger Schale und großen, hornigen, kreisrunden Samen, die in einen wäßrigen Brei eingebettet sind. Strychnos tieuté Leschen, der Javanische Krähennußbaum oder Tschettik ist ein kletternder, verkrümmter Strauch mit einfachen, verdickten Ranken, länglichen, dreinervigen zugespitzten Blättern. Die rotbraune Wurzel enthält einen Saft von gleicher Farbe, aus deren Rinde durch Kochen das Gift gewonnen wird.
Geschichtliches und Allgemeines:
Eine ganze Reihe von Strychnosarten (Str. lanceolaris Miq., Str. wallichiana Benth., Str. gaultheriana Pierre, Str. tieuté Leschen, in Hinterindien und im Malayischen Archipel; Str. kipapa Gilg im Kongostaat, Str. castelaei Weddel, Str. crevauxiana Baill., Str. toxifera Schomb., u. a. im Gebiete des Amazonenstromes und des Orinoko) wird von den Eingeborenen zur Herstellung äußerst wirksamer Pfeilgifte, von den Indianern Curare genannt, benützt. In der Mitte des 16. Jahrhunderts wurde Curare durch die Spanier in Europa bekannt. Auf eine kleine Wunde gebracht, wirkt es unbedingt tödlich, jedoch verzehren die Indianer die mit Curare erlegte Beute ohne nachteilige Folgen. In die Homöopathie wurde es 1857 durch Schlosser eingeführt.
Wirkung
Die in ihrer Heimat als Pfeilgift und Antidot gegen Schlangenbisse verwendete Droge enthält verschiedene chemisch verwandte Alkaloide, die in 2 Gruppen eingeteilt werden: 1. die Curarine, die als Hauptträger der Curarewirkung gelten, und 2. die Curine, denen nur eine sehr geringe Curarewirkung zukommt.
Bernard und Kölliker stellten als erste in ihren grundlegenden Arbeiten über Curare fest, daß die elektive Wirkung in der Lähmung der motorischen Nervenendigungen besteht. Aus den zahlreichen späteren Untersuchungen ergibt sich, daß z. B. sowohl die konstriktorischen als auch die dilatorischen Gefäßnerven des Körpers sowohl beim Frosch als auch beim Warmblüter dem Gifte gegenüber viel weniger empfindlich sind als der willkürliche Nervmuskelapparat.
Ebenso konnten Kühne und Garten nachweisen, daß die motorischen Nervenstämme an der Lähmung nicht beteiligt sind, daß also die Curarewirkung auf die Endgebiete beschränkt bleibt.
Der Beginn der Curarevergiftung äußert sich in der zunehmenden Ermüdbarkeit der motorischen Nervenendigungen, so daß man bei rhythmischer Reizung immer kürzere und kürzere Zuckungsreihen sieht. Mit der Lähmung der Atemmuskeln tritt Erstickung und Tod ein, jedoch bleiben die Atemmuskeln fast von allen Muskeln unter Curareeinwirkung am längsten erregbar.
So erfolgt nach Böhm nach Darreichung von eben tödlichen Dosen (0,34 mg pro Kilo subkutan appliziert) beim Kaninchen der Tod gewöhnlich nach 8-30 Minuten durch Lähmung des Zwerchfells. Es ist dabei nach Böhm auffallend, daß die Lähmung stets in den ganz kurzen Muskeln der Ohrmuscheln und Zehen beginnt. Das erste Vergiftungssymptom ist, daß die Tiere die Ohrmuscheln nicht mehr aufrecht halten können. Die Lähmung befällt dann rasch alle anderen Skelettmuskeln, und nur die Atembewegungen dauern noch mehr oder weniger lange fort. Bei tödlichem Verlauf beobachtete er fast ausnahmslos nach erloschener Atmung und maximaler Dilatation der Pupille meist kräftige Zuckungen in den Hautmuskeln des Rumpfes, die demnach der Vergiftung noch länger als das Zwerchfell zu widerstehen scheinen.
Erst durch größere Curaregaben werden außer den motorischen Nervenendigungen auch noch andere Funktionsgebiete geschädigt. Sehr große Gaben Curarin erniedrigen den Blutdruck durch eine lähmende Wirkung auf die vasokonstriktorischen Nerven.
Wie Böhm berichtet, ist auch bei den größten Dosen ein direkter Einfluß des reinen Curarins auf das Herz der Säugetiere nicht zu ermitteln gewesen. Die an lebenden Tieren auch in der Vergiftung mit Curarin auftretende Abnahme der diastolischen Füllung des Ventrikels, infolge deren bei gleichzeitigem Mangel an Sauerstoffzufuhr das Herz nach längerer Versuchsdauer stillsteht, wird gewöhnlich auf die Lähmung der Vasomotoren zurückgeführt.
Nach Bidder werden auch die Nervenendigungen in der glatten Muskulatur durch Curare wenig beeinflußt. Die Darmperistaltik dauert auch nach den größten Curarindosen an, wie dies Tillie verschiedentlich beobachten konnte. Im Gegensatz hierzu bemerkte allerdings Böhm im Lähmungsstadium durch die Bauchdecke hindurch gewöhnlich keine Darmperistaltik, beobachtete aber, daß diese mit großer Lebhaftigkeit wieder einsetzte, sobald das Tier sich zu erholen anfing.
Wichtig ist auch die Frage der Beeinflussung des Zentralnervensystems. Nach Steiner konnte bei Fischen schon vor der Muskellähmung eine Großhirnnarkose festgestellt werden, doch ist die Frage, ob bei höheren Wirbeltieren das Großhirn durch Curare beeinflußt wird, noch nicht eindeutig geklärt. Sollmann und Pilcher konnten, insbesondere nach intravenöser Curarisierung, eine deutliche Erregbarkeitssteigerung der vasomotorischen Zentren beobachten.
Eckhard untersuchte die Diurese unter dem Einfluß nicht sehr großer Curaredosen am Kaninchen und am Hund. Er fand, daß bei zunehmender Vergiftung die Harnsekretion abnimmt, daß aber bei beginnender Entgiftung, wenn Anzeichen spontaner Atmung auftreten, eine vorübergehende Polyurie sich einstellt.
Bei curarisierten Kaninchen wurde außer Temperaturabfall auch eine starke Herabsetzung des Stoffwechsels (Kohlensäurebildung und Sauerstoffverbrauch) beobachtet.
Die Ausscheidung des Curare erfolgt durch die Nieren. Bei Vergiftungen mit subletalen Dosen erholen sich die Versuchstiere meist sehr rasch von den Curareschädigungen. Nach Tillie erfolgt die Entgiftung bei intravenöser Injektion bedeutend schneller als bei subkutaner, da im ersteren Falle die ganze Resorptionszeit wegfällt und die Ausscheidung durch die Nieren gleich einsetzen kann.
Die schnelle Ausscheidung durch die Nieren, ferner die Schädigung der leicht zersetzlichen Curarine durch die Magensäure und die bis zu einem gewissen Grade in der Leber stattfindende Entgiftung der Curarine erklären die Tatsache, daß Curare nach Einführung in den Magen weniger wirksam ist, und zwar auch in weit höheren Dosen als in der bei subkutaner Injektion letalen Dosis.
Bei Strychninvergiftung können die lebensgefährlichen Krämpfe bekämpft werden, indem man den motorischen Impulsen mittels Curare den Weg zu den Skelettmuskeln abschneidet. Shaklee und Meltzer stellten fest, daß Hunde das Doppelte der intravenös tödlichen Strychnindosis vertragen, wenn die Krämpfe durch Curare unterdrückt werden und durch intratracheale Insufflation der Lunge genügend Luft zugeführt wird. Bei Tetanus- und Lyssafällen wurde ein Nachlassen der Krämpfe erzielt.
In neuester Zeit ist die Curare-Behandlung des Tetanus wieder öfter versucht worden. B. L. Cole berichtet über zwei Fälle von schwerstem, fast hoffnungslosem Tetanus, von denen der eine Fall durch intravenöse Curare-Behandlung geheilt werden konnte, während der zweite tödlich endete. Cole macht darauf aufmerksam, daß die richtige Dosierung des Curare noch die größten Schwierigkeiten bereitet. Auch J. S. Mitchell schildert ausführlich einen Tetanusfall, den er mit Curarinhydrochlorid zur Heilung bringen konnte. Es wurden insgesamt in 20 Tagen 48,1 mg salzsaures Curarin subkutan in steriler Lösung (1 ccm = 1 mg) verabreicht. R. Royo Villanova und J. Pardo Canalis erzielten bei Tremorerscheinungen verschiedener Genese gute Erfolge mit Curare. Besonders gut wurden Fälle von senilem, hysterischem, alkoholischem, postencephalitischem und dem bei Bleivergiftung und bei Hyperthyreoidismus auftretendem Tremor beeinflußt, während Tremorerscheinungen bei multipler Sklerose weniger gut darauf ansprachen und bei Paralysis agitans der Tremor nur vorübergehend gebessert wurde. J. R. Risquez injizierte einem Patienten mit intestinaler Intoxikation und starkem Tremor Curare subkutan. Er erreichte durch langsame Steigerung der Dosen Besserung des Zustandes des Kranken und Nachlassen des Tremors. Zur Behandlung des Tetanus mit Curare bediente sich West des Curarins, das er in Form seines salzsauren Salzes mittels der Tropfmethode intravenös applizierte. Auf 1 kg Körpergewicht kam in der Stunde 0,25 mg Curarinhydrochlorid, in Traubenzuckerlösung gelöst. 10 Minuten vor Beginn der Tropfinfusion wurden noch 0,0013 g Atropin subkutan injiziert. West rät, nur in den schwersten Fällen von Tetanus zur Curarin-Behandlung zu greifen. Unter allen Umständen muß an der Serumbehandlung mit hohen Antitoxinmengen festgehalten werden. Der Autor macht auf die Gefahr aufmerksam, die bei Überdosierung des Curarins durch das Auftreten von Bronchialspasmen droht.
In der Homöopathie wird Curare bei den verschiedensten Lähmungen und Schwächezuständen, bei Paralysis infolge Gehirnkongestionen, bei Gesichts- und Augenmuskellähmungen, bei Katalepsie, bei Epilepsie, wenn die Anfälle hauptsächlich vor der Menstruation eintreten, bei allgemeiner Muskelschwäche, besonders im Greisenalter, bei nervöser Schwäche infolge Säfteverlusten, bei Kinnbackenkrampf, Tollwut und Tetanus (Einspritzungen unter die Haut) gegeben.
Stauffer rät von der parenteralen Darreichung bei Prüfung des Mittels ab, da nach einer solchen einmal ein paretischer Zustand der unteren Extremitäten eintrat, der ein halbes Jahr anhielt. Auch soll nach ihm Curare nicht unter der 6. Potenz gegeben werden.
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Curare wird bei Lähmungen, Krämpfen und Schwächezuständen angewandt. So verordnet man es bei Paralysen mit Gehirnkongestionen, bei Gesichts- und Augenmuskellähmungen, Muskelschwäche, Katalepsie, Tetanus (als Injektion) und bei schwersten Krämpfen mit Lähmungserscheinungen.
Bei epilepsieartigen Erscheinungen der Frauen, hervorgerufen durch Menstruationsstörungen, machte Dilthey mit Curare gute Erfahrungen. Von einigen Seiten werden die Erfolge des Mittels bei Lähmungen bestritten, doch kann es trotzdem mit gutem Recht auf diesem Gebiet versucht werden. Von beachtlicher Wirkung ist Curare auch bei Emphysem und der dadurch hervorgerufenen Dyspnoe. Hier läßt Krug, Lörrach, es im Wechsel mit Aralia racemosa und Spongia geben.
Verschiedentlich wird Curare bei Diabetes mellitus (steife Gelenke, viel Durst mit Urinabgang) genannt, doch sind hier auch Mißerfolge zu verzeichnen, so daß man dieser Indikation nicht kritiklos gegenüberstehen kann. Schließlich wird es noch bei Ekzemen, skrofulösen Exanthemen und Leberflecken angewandt und soll auf Nierenleiden einen günstigen Einfluß haben.
Angewandter Pflanzenteil:
Verwendet wird das durch Auskochen der Wurzel- und Stammrinde verschiedener Strychnosarten gewonnene Pfeilgift Curare.
Dosierung:
Übliche Dosis in der Homöopathie:
dil. D 4, dreimal täglich 10 Tropfen.
Maximaldosis:
0,02 g pro dosi, 0,06 g pro die (Ergänzb.).
Rezeptpflichtig:
Curare et ejus praeparata.
Homöopathische Zubereitungen bis D 3 einschließlich.
Rezepte:
Bei Lähmungen und Krämpfen, insbesondere Tetanus subkutan:
Rp.:
Curare D 6 A.-M. in Amp. zu 1 ccm. D.s.: Zu subkutanen Injektionen. _____________________________________ Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938 Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.