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Purgierkörner, Euphorbiaceae.

Name:

Cróton tiglium L. (= Tiglium officinale Klotzsch). Croton.

Verbreitungsgebiet

Weiteres Vorkommen: Molukken.

Croton tiglium © Baumgartner

Croton tiglium © Baumgartner

Namensursprung:

Croton kommt vom griechischen χρóτων (cróton) = Hundelaus, Holzbock in bezug auf die Ähnlichkeit der Samen mit diesem Insekt; tiglium, port. Tilho, soll nach einer Molukkeninsel so benannt worden sein.

Botanisches:

Croton ist ein kleiner Baum von 4-6 m Höhe, kommt aber auch vielfach strauchartig vor. Die eilänglichen oder eiförmig-elliptischen Blätter werden 8-12 cm lang und 3-7 cm breit. Sie haben dünne, etwa 10 cm lange Stiele und am Rande kleine, entfernt stehende Sägezähne. Die Blattspreite ist (oberseits weniger) mit kleinen Sternhaaren besetzt. Die kleinen, weißen Blüten bilden endständige, aufrechte Trauben, und zwar stehen die männlichen Blüten am oberen Ende, während die um das Zwei- bis Dreifache zahlreicheren weiblichen Blüten unten stehen. Die Frucht ist verkehrt-eiförmig, stumpf dreiseitig, außen gelblich, innen bräunlich gefärbt. Die oval-länglichen Samen sind auf der einen Seite abgeflacht, auf der anderen gewölbt und bei der Reife schwärzlich glänzend, Sie sind 8-12 mm lang, 7-9 mm breit und sehr giftig. Indien ist die Heimat des Baumes, wo er den größten Teil des Jahres hindurch blüht. Er wird gern als Schattenspender und zur Bildung von Hecken benutzt.

Geschichtliches und Allgemeines:

Die Samen des Croton tiglium (kleine Purgierkörner, Grana Tiglii, Grana moluccana) wurden zuerst im 13. Jahrhundert von den Arabern angewendet. Das Holz und den Samen erwähnt der portugiesische Wundarzt Christophorus da Costa in seinem Werke über Arzneidrogen (1578). J. Bauhin beschreibt die Körner unter dem Namen Pinei nuclei Moluccani sive purgatorii. Eine Beschreibung und Abbildung der Pflanze brachte Rheede im „Hortus Malabaricus“ (1679). Rumph (1743) berichtet, daß die indischen Wundärzte aus den Samen ein Öl gewönnen, welches mit Kanarienwein genommen, als Purgans benützt würde. Die Anwendung der Samen ließ dann sehr nach, bis zu Anfang des 19. Jahrhunderts das aus ihnen gewonnene Öl auf die Empfehlung von Conwell, Frost, Porryu. a. größere Verbreitung in Europa fand. Bekannt war die folgende Anwendungsart: eine Zitrone oder Pomeranze wurde einige Wochen in das Öl getaucht und dann mit gelbem Sandel bestreut. Schon der Geruch dieser Frucht (pomme catharticum) soll als starkes Purgativ gewirkt haben! – Die Wurzel des Croton tiglium wird auf Amboina gegen Wassersucht benützt. Die Blätter, welche auch eine abführende Wirkung besitzen sollen, werden in ihrer Heimat gegen den Schlangenbiß gebraucht. Der Samen und das Holz dienen in Indien als Fischbetäubungsmittel.

Wirkung

Wie Croton tiglium von Osiander und Hufeland als Drastikum angeführt wird, so wird es auch von zahlreichen anderen Ärzten des vorigen Jahrhunderts als drastisches Ableitungsmittel gebraucht: bei chronischer Bleivergiftung, entzündlichen oder apoplektischen Erscheinungen des Hirns und seiner Häute, bei Taenien, torpiden Wassersuchten.

Hancock, der Ischias von durch Kotanhäufung bedingter mechanischer Reizung der Beckennerven herleitet, gab dabei Croton innerlich mit gutem Erfolg. Kontraindiziert ist es bei Schwäche, organischer Obstipation und entzündlichen Zuständen des Intestinaltraktus.

Als drastisches Purgans und Hautreizmittel nennen auch Bentley und Trimen die Crotonkörner und berichten gleichzeitig, daß das Mittel unter dem Namen „Jamalgata pills“ in Indien mit großem Erfolg gegen Amenorrhöe verwendet worden sei. Der von ihnen zitierte Wilson verordnete die verdünnte Tinktur als Kataplasma gegen Ekzeme, Flechten, Ichthyosis und Erythema.

Tegart empfahl das Crotonöl bei spastischer Cholera und konnte diese Wirkung an sich selbst erproben.

Unter dem Namen Pa-tou sind die Crotonsamen schon in den alten chinesischen Arzneibüchern als abführend und giftig erwähnt.

In seinem Buche „Die chinesische Medizin zu Beginn des 20. Jahrhunderts“ bringt Hübotter folgende Stelle über Croton:

„Es gehört zu den fünf starken Giften, die der Shennung Pen-ts’ao anführt, die anderen vier sind Aconitum lycoctonum, Veratrum, Aconitum Fischeri und nach Bretschneider Cantharides. Der Pen-ts’ao sagt folgendes: Sehr heiß, außerordentlich abführend, scharf, sehr giftig. Unreif von grausamer Wirkung, reif etwas abgeschwächt. Kann hinaufziehen und hinabdrängen, kann stillen, kann in Gang bringen, öffnet die neun Körperöffnungen, beseitigt Stauungen, sowie veraltete Kälteretentionen in den Eingeweiden. Das Mittel durchbricht die Pässe und sprengt die Tore, wie ein guter General. Es bricht Husten, Blutstockungen, Pneumastauungen, beseitigt unverdaute, reichliche Speisemengen, rohe, kalte, harte Speisen und deren schädliche Wirkungen. Aufgetriebenen Leib und Hydrops beseitigt es durch Ableitung auf den Darm, ebenfalls Schreckhaftigkeit, Facialislähmung (?), Taubheit, Zahnschmerz und Halsschmerzen. Die Giftnatur dieser Arznei kann auch die Wirkungen anderer Gifte zerstören, Würmer töten, Geschwüre heilen, sowie die giftigen Bisse von Schlangen und Skorpionen kurieren.

Eine große Dosis dieser Medizin kann Krankheiten beseitigen, eine kleine bringt das Innere in Harmonie, durchdringt die Gefäße und bewirkt Abort. Man verwendet die Schale oder die Samen oder das Öl, roh oder gedörrt. Man kocht auch die Arznei in Essig und röstet sie, so daß sie ihre Natur bewahrt, zerreibt und läßt das Öl heraus … Zu meiden ist Rhabarber und kaltes Wasser. Die erhitzte Medizin ist von guter Wirkung.“

In der Homöopathie wird Croton gemäß der umkehrenden Wirkung in erster Linie gegen Diarrhöe und Hautkrankheiten angewandt.

Das in Croton tiglium enthaltene Crotin (Gemisch von Crotonglobulin und Crotonalbumin, auch Rizinin und Tiglinsäure sind in den Crotonsamen enthalten, verursacht infolge Verklumpung der Erythrozyten Blutgerinnung. Das Crotonöl ruft beim Einreiben auf die Haut Rötung, Ödeme, Blasen, Eiterpusteln hervor, im Auge Bindehautkatarrh, unter die Haut gespritzt eitrige Phlegmonen (zählt zu der Gruppe der Suppurantia) und Gewebsstörung. Peroral verursacht es Speichelfluß, Nausea, Erbrechen, Leibschmerz, blutige Diarrhöe, Gastroenteritis, Schwellung und Geschwüre im Darm, Kollaps, Cyanose, Delirien und Erstickungsanfälle. Crotin ist ein echtes Toxin, d. h. es ruft im Tierkörper Antitoxin hervor, ähnlich wie das Abrin aus Abrus precatorius. Das Antitoxin schützt vor der tödlichen Dosis und ist übertragbar. Der Schutz wurde in den 90er Jahren von Ehrlich studiert. Heute weiß man, daß er in geringem Maße auch unspezifisch ist. Die Entzündungsbereitschaft, die Wärmeempfindlichkeit und die Anfälligkeit werden herabgesetzt. Die Immunisierung kann durch äußerliche und innerliche Anwendung erzielt werden.

Crotonöl bewirkt am Kaninchenohr schwere Entzündungen, die bei bestimmten Rassen zu Nekrosen und erheblichen Gewebsverlusten führen können. Vorbehandlung mit unterschwelligen Dosen festigt das Gewebe weitgehend gegen Hautschädigungen verschiedenster Art, besonders auch gegen größere, sonst schädigende Crotondosen. Die Untersuchungen wurden im Zusammenhang mit der Prüfung von Hautreizmitteln verschiedenster Art ausgeführt. In dem Hautreizmittel Exanthematik findet sich Croton in solcher Konzentration, daß die günstige Wirkung bestehen bleibt, Schädigungen aber vermieden werden, vgl. auch das Kapitel Inhaltsstoffe, S. 284.

Das Crotonöl spielt als Ableitungsmittel auf die Haut eine Rolle beim Baunscheidtismus. Schon 1892 prüfte Samuel die Einwirkung auf das Tier: „Hat ein Kaninchenohr eine Crotonölentzündung völlig überwunden, so reagiert dieses Ohr gegen erneute Crotonölapplikation wesentlich anders, weit milder als ein gesundes Ohr.“ Auf Grund seiner Versuche glaubt auch Samuel von einer Immunität sprechen zu können. Nach ihm ist in 4-5 Wochen die frühere normale Entzündungsfähigkeit wieder hergestellt. Appliziert man aber das Crotonöl kontinuierlich weiter, Wochen und Monate, so bleibt das Ohr immer weiter auf einem relativen Immunitätsgrade erhalten. Es entsteht dabei eine Tendenz zur Gefäßenge.

Schaer bestätigt 1907 diese Resultate auch für Silbernitrat, Kanthariden und Terpentin und schließt daraus, daß es sich also nicht um eine spezifische Eigenschaft des Crotonöles handelt.

Frédéric prüfte die Frage, ob es sich dabei um antibakterielle Immunisierungsversuche handelt. Makroskopisch waren die Pusteln, die auf desinfizierter Haut angelegt waren, nicht zu unterscheiden von den Pusteln auf nicht desinfizierter Haut. In neun Fällen waren in den Pusteln nur wenig Bakterien vorhanden, in neun weiteren Fällen sehr viel.

Kulisch und Unna betonen die Impetigoähnlichkeit der Crotonpusteln, und Sabouraud nennt sie direkt Impetigo.

Drake, Nathan und Spies untersuchten die Verseifungsprodukte des Crotonharzes und fanden, daß sie aus Tiglin-, Caprin-, Laurin-, Myristin-, Palmitin-, Öl- und Leinölsäure bestehen. Sie wiesen dann das Fehlen nachweisbarer Mengen drei- und mehrfach ungesättigter Säuren sowie das Fehlen von Stearin- und höheren gesättigten Säuren (mit der Bleisalz-äthermethode) nach.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Croton wird zur unspezifischen Immunisierung als Hautreizmittel angewandt. Schon das gewöhnliche Auftragen des Crotonöls auf die Haut ruft bei den meisten Menschen einen impetigoartigen Ausschlag hervor, wobei gelegentlich Darmerscheinungen, z. B. Koliken und Durchfall, auftreten können. Wenn keine Pusteln auftreten, so kann man die Haut mittels Schnepper oder noch besser durch Ritzen mit dem stumpfen Skalpell skarifizieren. Man reibt dann das mit Olivenöl 1 : 10 verdünnte Crotonöl ein. Von der ableitenden Wirkung auf die Haut macht man Gebrauch bei Brustfellentzündung, Pleuraergüssen, Neuralgien und chronischem Rheumatismus. Wegen der Giftigkeit des Crotonöles ist bei der Anwendung Vorsicht geboten.

Innerlich wendet man Crotonöl als Abführmittel nur noch äußerst selten an. Es führt leicht zu Darmreizungen, und die Anwendung als Abführmittel ist darum kontraindiziert bei entzündlichen Zuständen des Darmtraktus, Schwäche und organisch bedingter Verstopfung.

In der Homöopathie wird es innerlich nur in höheren Verdünnungen verordnet.

Im Einzelnen wird es meist prompt wirkend gegeben bei hartnäckigen Diarrhöen, besonders wäßrigen Herbst- und Sommerdurchfällen mit starken Schmerzen, Cholera nostras, Brechdurchfällen mit Ohnmacht und Amaurosis, Gastritis und Colitis. Seltener wird es bei anderen Schleimhautentzündungen, wie z. B. chronischer Laryngitis, gegeben.

Von Dermatopathien reagieren juckende Ekzeme, insbesondere an den Genitalien, Intertrigo, Crusta lactea und Blasenausschlag (auch mit Durchfall) sehr günstig auf Croton. Bei Asthma, welches mit Urtikaria wechselt, lobt Auburtin, Güstebiese, das Mittel. Schließlich wird Croton von Retschlag bei ständigem Harndrang als wirksam genannt. Als Wechselmittel bei Bläschenausschlag eignet sich Arsenicum album.

Angewandter Pflanzenteil:

Der Gebrauch der Samen des Croton tiglium als Heilmittel geht bis auf die Araber des Mittelalters (s. Geschichtliches) zurück.

Nach Köhler, Dragendorff u. a. werden außerdem noch das Holz (das eine ähnliche Wirkung wie die Samen haben soll), Wurzel und Blätter in ihrer Heimat als Heilmittel benützt.

Früher war der Same, Semen Tiglii, offizinell.

Das „Teep“ wird aus den reifen Samen hergestellt. Homöopathische Urtinktur nach dem HAB.: Reife Samen (§ 4).

Semen Crotonis ist offizinell in Finnland, Frankreich, Holland, Spanien, Portugal, Venezuela.

Dosierung:

Übliche Dosis:

1/4-1 Tropfen des Öles als drastisches Purgans (Hager).

In der Homöopathie:

Zweistündlich 1 Tablette der Pflanzenverreibung „Teep“.

(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 0,1% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,0002 g Sem. Crotonis.)

Maximaldosis:

0,05 g pro dosi, 0,15 g des Öles täglich (DAB. VI). 4 Samen können beim Menschen tödlich wirken.

Cave Croton und Crotonprodukte bei Personen, die zu Menorhagien neigen.

Rezeptpflichtig:

Oleum Crotonis.

Rezepte:

Bei Entzündungen zur Ableitung auf die Haut (Port.):

Rp.:

Olei Crotonis 4
Spiritus 90% 96
D.s.: Zum Einreiben.

Unguentum Crotonis (Port.):

Rp.:

Olei Crotonis 20
Acidi stearinici 10
Adipis suilli 70
M.f. unguentum.
D.s.: Zum Einreiben.
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Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938
Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.

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