Goldlack, Cruciferae.
Name:
Cheiránthus chéiri L. (= Ch. fruticulosus L., = Erysimum cheiri Crantz, = Leucoium cheiri Medikus, = Erysimum murale Lam., = Cheiranthus muralis Salisb., = Cheiri vulgare Clairv., = Cheiranthus luteum St. Lag.). Goldlack. Französisch: Giroflée jaune, giroflée de muraille, bâton d’or, muret, murier, ravenelle jaune, jaunet, violette de Saint George; englisch: Wallflower, gilli flower, ten week stock; italienisch: Viola gialla, viola zala, viola ciocca, vivole a cioche, bastono d’oro.
Verbreitungsgebiet
Weiteres Vorkommen: Westasien. Kultiviert u. verwildert in Mitteleuropa.
Namensursprung:
Cheiranthus vielleicht aus der arabischen Bezeichnung der Pflanze: kairi und dem griechischen νθος (ánthos) = Blüte oder aus χερ (cheir) = Hand. Goldlack wegen der goldglänzenden Lackfarbe der Blüten.
Volkstümliche Bezeichnungen:
Golden Lãken (untere Weser), Güllak(e) (Westfalen). Sehr häufig wird die Pflanze als „Veilchen“ bezeichnet. Fijeelken (Bremen), Violke (Westpreußen), Pfingstfeigel (Oberösterreich), Stockviole (rheinisch) usw.
Botanisches:
Goldlack ist ein zweijähriger oder auch ausdauernder Halbstrauch von 20-60 cm Höhe. Die Wurzel ist spindelförmig, ästig und grau. Die verholzenden ästigen Sprosse sind aufrecht. Die Zweige tragen ziemlich reichlich Blätter. Sie erscheinen durch die Blattnarben knotig und endigen entweder in einem Blütenstand oder in einer sterilen Blattrosette. Der kantige Stengel ist ziemlich reichlich mit angedrückten Haaren besetzt. Blätter länglich-lanzettlich, spitz, fast ganzrandig, je nach der Stellung kürzer oder länger gestielt. Die wohlriechenden Blüten bilden eine Traube. Die goldgelben Kronenblätter mit rundlich-verkehrt-eiförmiger Platte sind plötzlich in den Nagel zusammengezogen. Schoten aufrecht stehend, vom Rücken her zusammengedrückt. Narbe breit; zweilappig. Blütezeit Mai bis Juni, in Südeuropa auch im Winter blühend. – Die Heimat der Pflanze ist Europa, Nordafrika und Westasien. In Deutschland wohl nur verwildert. Sie liebt kalkreichen Boden. – Die nachstäubenden Blüten werden durch langrüßlige Insekten bestäubt. Selbstbestäubung ist möglich. Im ersten Jahre entwickelt die Pflanze nur eine grundständige Blattrosette, erst im zweiten Jahre erscheint der Blütenstengel. Die fruchttragenden Stengel sterben im Winter gewöhnlich bis auf die verholzten Teile ab. Die Laubblätter sind sehr wenig frostempfindlich und welken oft erst mehrere Wochen nach dem Auftauen.
Geschichtliches und Allgemeines:
Der Goldlack war schon im römischen und griechischen Altertum eine beliebte Heilpflanze, die in den Schriften von Hippokrates und Dioskurides (vgl. Wirkung) Erwähnung fand. Daneben wurde er auch als Zierpflanze geschätzt und u. a. als Schmuck für die Altäre und zur Umkränzung von Weinfässern bei festlichen Gelegenheiten benützt. Heute ist er in verschiedenen Kulturformen in fast jedem Bauerngarten zu treffen.
Wirkung
Hippokrates erwähnt den Goldlack unter den Frauenmitteln. Auch Dioskurides kennt ihn. Die getrockneten, gekochten Blüten der gelben Form haben nach ihm gute Wirkung als Sitzbäder bei Entzündungen der Gebärmutter und zur Beförderung der Menstruation. In Wachssalbe aufgenommen, heilen sie Afterfissuren und mit Honig Ausschlag am Munde. Die Frucht innerlich genommen und als Zäpfchen eingelegt, fördert die Menstruation und treibt die Nachgeburt und den Embryo aus. Gegen Erkrankungen der Milz und bei Podagra wird die Wurzel verwendet.
Paracelsus, in dessen Rezepten Cheiri mehrfach auftaucht, verwendet ihn u. a. gegen Paralysis und Schwindsucht.
Vor allem als Frauenmittel rühmt Matthiolus die Pflanze, wenn er u. a. schreibt: „Die Blumen von der gelben Veieln gedörrt / gesotten / und getrunken / treibt secundinam, das ist / dz Bälgle / und wirfft die todte Frucht auß Mutterleibe. Schwangere Frauen sollen nicht von diesen Blumen trinken / es sey denn in Kindsnöten / da ziehen sie die Geburt auß / und reinigen die Mutter.“ Auch äußerliche Verwendung des Mittels kennt er zu Bädern als Vaginapessar und als Pflaster. Diese heilen u. a. „den zerschrundenen After“. Auch gegen Milzkrankheiten, Fußgicht und Augenleiden ist Goldlack heilsam.
v. Haller führt Cheiranthus als Frauenmittel an. Aber auch gegen Nerven-, Herzbeschwerden, Gelbsucht und als harntreibendes und schmerzstillendes Mittel nennt er die Pflanze.
Osiander kennt Goldlack als gelindes Emmenagogum.
Clarke zitiert Cooper, der das Mittel mit gutem Erfolg bei Affektionen (z. B. Taubheit) infolge Durchbrechens des Weisheitszahnes anwendete.
In der heutigen Volksmedizin wird es bei Leber- und Herzleiden, Wassersucht, Harngrieß, als Emmenagogum und Purgans geschätzt.
Nach Wehmer enthalten die Blüten 0,06% ätherisches Öl, Myrosin, Quercitin (mehr als in den Samen) u. a. Die Blätter enthalten das S-haltige Glykosid Cheiranthin, die Samen 1,6-1,7% S-haltiges Glykosid Cheirolin, ferner Glykocheirolin, Myrosin, die Alkaloide Cheirinin und Cholin u. a.
Das von Jaretzky und Wilcke isolierte Glykosid Cheiranthin besitzt eine digitalisartige Wirkung. 1 mg des Glykosids entsprechen 400, 1 g der Pflanze 1300 Froschdosen. Das Alkaloid Cheirinin soll chininartig wirken, worauf vielleicht auch die Verwendung als Abortivum zurückzuführen ist. Da Cheiranthus leicht von Pilzen befallen wird, könnte man aber auch an eine Wirkung der Pilzgifte denken.
Anwendung:
Cheiranthus cheiri wird als Emmenagogum und gegen Herzbeschwerden verordnet. Auch als Antispasmodikum, Anodynum und Purgans kann es versucht werden.
Angewandter Pflanzenteil:
Dioskurides läßt Blüten und Wurzel verwenden.
Matthiolus nimmt dazu noch Samen und den Saft der Pflanze. Die späteren Autoren erwähnen nur die Blüten, und erst in neuerer Zeit werden Blüten, Samen und Kraut (Dragendorff) oder nur Blätter und Samen (Wasicky) oder nur die frische, noch nicht blühende Pflanze erwähnt (Kroeber). Da die Blüten an wirksamen Stoffen sehr arm sind, dürften die Arzneien am besten aus der ganzen frischen Pflanze vor der Blüte bereitet werden.
Aus diesem Ausgangsmaterial wird das „Teep“ gewonnen.
Homöopathische Urtinktur nach dem HAB.: Frische Pflanze ohne Wurzel (§ 3). In Portugal sind Flores Cheiri offizinell.
Dosierung:
Übliche Dosis:
1 Tablette der Frischpflanzenverreibung „Teep“ dreimal täglich.
(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 10% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,025 g Cheiranthus cheiri.)
In der Homöopathie:
dil. D 1, dreimal täglich 10 Tropfen.
Maximaldosis:
Nicht festgesetzt.
_____________________________________ Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938 Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.