Spanischer Pfeffer, Solanaceae.
Name:
Cápsicum ánnuum L. Spanischer Pfeffer, Indischer Pfeffer, Türkischer Pfeffer, Paprika. Gemeine Beißbeere. Französisch: Poivre de Guinée, piment des jardins, piment de Cayenne, poivre d’Espagne, poivre d’Inde; englisch: Capsicum, Cayenne pepper, African pepper, pod pepper; Spanish pepper, bird pepper, Guinea pods, Chilly, tochillies; dänisch: Spansk peber, parika; italienisch: Capsico pepe cornuto; norwegisch: Spansk pepper; polnisch: Papryka, Pieprz tureckí; russisch: Turieckij pieriec; tschechisch: Paprika obecná; ungarisch: Paprika.
Verbreitungsgebiet
Kultiviert hauptsächlich in Ungarn, Spanien, Südfrankreich, Italien, Türkei, ferner Nordamerika. Nordafrika. Ostindien.
Namensursprung:
Capsicum wird vom griechischen χπτω (kapto) = aufschnappen, beißen und capsicus = kapselförmig, mit Bezug auf die Form und den scharfen, beißenden Geschmack der Frucht, abgeleitet; annuum bezeichnet die Pflanze als einjährig. Das Wort Pfeffer stammt aus dem griechischen ππερι (péperi), römischen piper, welches aus dem Sanskrit pippali hervorgegangen ist.
Botanisches:
Der Spanische Pfeffer ist eine krautige Pflanze, die etwa 50 cm hoch wird. Der aufrechte Stengel ist etwas ästig und vier- bis fünfkantig. Die abstehenden Blätter sind elliptisch oder eiförmig, stumpflich zugespitzt und kahl, in den langen, schwachrinnigen Blattstiel herablaufend, dunkelgrün, unterseits heller. Die kantigen, gegen die Blüten zu verdickten Blütenstiele stehen einzeln, seltener zu zweien. Der kahle Kelch ist fünf- bis sechszähnig, die radförmige Blumenkrone von schmutzig-weißlicher Farbe mit fünf bis sechs eilänglichen spitzen Zipfeln. Die Frucht, eine Beere, wird 12 cm lang und 4 cm breit, hat länglich-kegelförmige Gestalt und sitzt auf dem vergrößerten Kelche. Zur Fruchtreife ist sie meist zinnoberrot glänzend, wohl auch gelb oder gelb und rot gefleckt. Sie liefert den Paprika. Die Pflanze wird in Europa hauptsächlich in Ungarn, Rumänien, Italien und Spanien angebaut und hat nach Windisch ein hohes Kalibedürfnis. Blütezeit in Europa Juni bis September. Heimat: Südamerika.
Geschichtliches und Allgemeines:
Die Annahme, daß der Spanische Pfeffer den alten Griechen und Römern bekannt gewesen ist (Piperis arbor des Plinius, Capsicum des Actuarius) ist wohl durch die Tatsache hinfällig, daß Capsicum erst nach Entdeckung der Neuen Welt in Europa zur Einführung gelangte. Die erste Erwähnung der Frucht als Gewürz, Agi genannt, finden wir in einem Briefe von Chanca aus Sevilla, welcher Columbus auf seiner zweiten Fahrt begleitete. Fernandez de Ovieto bezeichnet um 1514 dieses Gewürz mit Axi und schreibt, daß es aus hohlen, roten Hülsen bestehe und auch von den Spaniern gern genossen würde. Cortez rechnet 1526 Agies zu den wertvollsten Produkten Mexikos. L. Fuchs bringt die ersten guten Abbildungen des Capsicum, welches er Piperitis nennt, und berichtet, daß die Pflanze erst vor wenigen Jahren nach Deutschland gekommen sei und schon häufig in Töpfen gezogen würde. Das Gewürz verbreitete sich rasch. Camerarius rühmte ein Dekokt der Früchte gegen Wassersucht, von anderen wurden sie zusammen mit Lorbeeren als gutes Mittel gegen Wechselfieber empfohlen.
In der Tiermedizin findet Paprika Verwendung bei Flatulenz und als scharfes Stomachikum. Die Tinctura Capsici ist ein Bestandteil der Restitutionsfluide, die in der tierärztlichen Praxis als Einreibemittel unter dem Namen „Liquor Capsici compositi“ bei Rheumatismus und als Ableitungsmittel Verwendung finden.
Die Hauptverwendung findet der Spanische Pfeffer (aus den zerstoßenen Samen wird der Cayenne-Pfeffer hergestellt) in England, Ungarn, Serbien, Nordamerika, Ostindien als Gewürz zu Suppen, Saucen, Salaten usw.
Wirkung
Von Matthiolus wird der Spanische Pfeffer gegen Hydrops empfohlen und als Hautreizmittel hingestellt.
v. Haller erwähnt ihn nur als Bestandteil einer Essentia stom. polychr. gundels.
Gegen große Schwäche der Verdauung, Torpidität und Verschleimung des Magens, bei Typhus mit sinkenden Kräften, beginnender Fäulnis und Meteorismus, bei Febris intermittens, Gliederlähmung, seröser Bräune und Star führt Hecker den Spanischen Pfeffer an.
Clarus gebraucht ihn gleichfalls als Digestivmittel und zur Erregung von Gefäß- und Nervensystem, äußerlich als Gurgel- und Kaumittel bei septischen Anginen,
Turnbull bei Perniones und Zahnschmerzen.
Potter nennt Capsicum ein ausgezeichnetes Stomachikum bei Dyspepsie der Alkoholiker mit Tremor und Insomnie, bei Dipsomanie und Delirium tremens und bezeichnet es als den besten Ersatz des Alkohols und des Opiums bei der Heilung solcher Suchten. Bei funktioneller Impotenz, Spermatorrhöe, chronischer parenchymatöser Nephritis mit Albuminurie, chronischer Cystitis und Prostatorrhöe soll es nach ihm nützlich sein.
In der französischen Volksmedizin zählt Capsicum zu den Hämorrhoidalmitteln.
In der lettischen Volksmedizin bringt man Salz, gelbe Seife, Kampfer und reife Capsicumschoten in eine Flasche, stellt sie zur Gärung an einen warmen Ort (hierzu eignet sich auch junge Gerste) und gebraucht dann die vergorene Flüssigkeit zum Einreiben von schmerzenden Gliedern. Innerlich nimmt man einen spirituösen Auszug von Capsicum, Wermut und Tormentilla erecta bei Dysenterie und Cholera, und zwar von solch einem Auszug zweimal täglich ein Schnapsglas. Bei Zahnschmerzen bestreicht man das Zahnfleisch mit Capsicumtinktur.
Über die Anwendung in der Mongolei schreibt Hübotter, daß man es, weil es dem Feuer ähnlich sei, gegen Fieber anwende. Es heile die allgemeine Zerrüttung des Organismus, Hämorrhoiden, parasitäre Krankheiten und Karzinom. In Indien wird die Pflanze überall angebaut. Die Früchte sind unentbehrlich zur Bereitung der Speisen geworden. Sie gelten als verdauungsfördernd und den inneren Organen weniger schädlich als gewöhnlicher Pfeffer. Die Blätter benützt man zur Wundbehandlung, nachdem man sie vorher welkig oder geschmeidig gemacht hat.
Ohrenleiden, Dyspepsie, insbesondere der Alkoholiker, und Blasentenesmus sind die bekanntesten Indikationen der homöopathischen Schule.
Capsicum wirkt appetitanregend durch Steigerung der Speichel- und der Magensaftsekretion; gelegentlich ließ sich schweißtreibende Wirkung feststellen. Das im Spanischen Pfeffer enthaltene Capsicin (neuerdings als Gemisch von Capsaicin usw. festgestellt) verursacht äußerlich Hautrötung, Brennen und Pusteln; innerlich ruft es allein oder auch in größeren Dosen der ganzen Capsicumdroge Gastroenteritis, Vomitus, Tenesmus, Schleimfluß aus der Urethra, Zittern, Schüttelfröste, Somnolenz und Vertigo hervor.
Infolge seiner hautreizenden Eigenschaft wird Capsicum gern als Tinktur oder Pflaster, äußerlich als Einreibemittel bei Rheumatismus und auch als Ableitungsmittel bei Lungen- und Rippenfellentzündung gebraucht. Es ist Bestandteil der meisten neueren Ableitungsmittel auf die Haut.
Einerseits wurde nach Verabreichung von Capsicumpulver Dysurie beobachtet, doch konnte andererseits auch starke Vermehrung der Harnsekretion festgestellt werden. Auf das vaskuläre System wirkt es ähnlich wie Ergotin, indem es die Gefäße durch Beeinflussung der glatten Muskelfasern in ihren Wänden kräftig zusammenzieht.
Szent-Györgyi stellte fest, daß die in den Capsicumschoten enthaltene Ascorbinsäure identisch ist mit Vitamin C, so daß also die Paprikaschoten eine vitaminreiche Nahrung darstellen.
Das Capsaicin ist seit 1923 in seiner chemischen Struktur genau bekannt. Es wurde 1930 synthetisch hergestellt. Ein von v. Fodor ausgearbeitetes kolorimetrisches Verfahren gestattet es, den Capsicingehalt von Paprikamahlprodukten genau zu bestimmen. Die rote Farbe ist durch einen besonderen Farbstoff, Capsanthin, bedingt.
Mißbrauch von Capsicum soll nach Holländer langwierige Formen von Hyperazidität und Obstipation bewirken und vor allem Reizwirkungen auf Nieren und untere Harnwege ausüben.
Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):
Italien: Gegen Hämorrhoiden.
Polen: Die Tinktur mit Terpentin gemischt zu Einreibungen bei Gicht.
Ungarn: Gegen Epilepsie, als Diuretikum, insbesondere bei Wassersucht.
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Capsicum ist ein gern benutztes diätetisches Mittel, das eine Resistenzsteigerung bei Infektionskrankheiten, wie Dysenterie, herbeiführt. Die Wirkung wird in erster Linie auf den hohen Vitamin C-Gehalt zurückzuführen sein. Weiter wirkt es appetitanregend, schweiß- und harntreibend.
Sehr beliebt ist die äußere Anwendung zur Ableitung auf die Haut, entweder als Capsicumpflaster oder als Zusatzmittel zu anderen hautableitenden Ingredienzien. So wendet man es an bei Lungen- und Rippenfellentzündung, Rheumatismus, Gicht, Neuralgien.
In der Homöopathie gilt Capsicum als ein gutes Mittel bei Otitis media acuta und Mastoiditis.
Selbst in Fällen, wo eine Operation der Mastoiditis dringend nötig erschien, hat es sich bewährt. Dagegen hat Junge bei chronischem Ohrenfluß keinen Erfolg gesehen. Ferner wird es häufig als anregendes Stomachikum bei Dyspepsie, Flatulenz, Pyrosis, insbesondere fettleibiger Patienten, Hyperazidität und chronischer Leberstauung, bei schleimiger Diarrhöe und Dysenterie verordnet. Weitere Indikationen sind: Rheuma, Neuralgien, Gicht, Ischias, Hämorrhoiden, entzündliche und fieberhafte Erkrankungen wie Febris intermittens, Fieber mit Frostgefühl, Nephritis, Gonorrhöe, Prostatitis, Tenesmus der Blase mit starkem Brenngefühl, Pleuritis, Bronchial- und Lungenkatarrh, Pharyngitis, Halsschmerzen, insbesondere der Raucher und Trinker.
Capsicum wird besonders dann gern gewählt, wenn die oben genannten Leiden in Verbindung mit starkem Brenngefühl auftreten. Schließlich übt es noch günstigen Einfluß auf Lähmungen, Trägheitsgefühl, klimakterische Beschwerden, Hyperämie, mangelnde Libido aus und wird bei Perniones, Lichen, aufgesprungenen Lippen und wunder Zunge gebraucht.
Angewandter Pflanzenteil:
In der Medizin sind immer nur die Früchte verwendet worden.
Da die Früchte beim Trocknen an Schärfe verlieren, empfehle ich zur Herstellung der Zubereitungen die frischen, reifen Früchte zu verwenden. Aus diesen wird auch das „Teep“ hergestellt.
Homöopathische Urtinktur nach dem HAB.: Getrocknetereife Früchte (§ 4).
Fructus Capsici sind offizinell in Deutschland, in der Schweiz, in Österreich, Ungarn, Rußland, Finnland, Schweden, Norwegen, Dänemark, Holland, Belgien, Portugal, Chile und Japan.
Dosierung:
Übliche Dosis:
0,12-0,36 g des Pulvers (Hecker);
10-30 Tropfen der Tinktur (Clarus);
0,05-0,5 g (Hager).
1 Tablette der Frischpflanzenverreibung „Teep“ dreimal täglich.
(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,125 g Fruct. Capsici.)
In der Homöopathie:
dil. D 2-4, 10 Tropfen dreimal täglich.
Maximaldosis:
Nicht festgesetzt.
Rezepte:
Bei Rheumatismus äußerlich (nach Rost-Klemperer):
Rp.:
Tinct. Capsici Liqu. Ammonii caustici aa 25 Spirit. saponati camphorati 50 M.d.s.: Zum Einreiben.oder Liniment. antiarthr. (nach Vomačka, mod. v. Verf.):
Rp.:
Capsici Ø 25 Colchici Ø 5 Ol. Rosmarini 1 Ol. Menth. pip. 0,15 Camph. 1,50 Sap. med. 1,25 Aetheris 2,50 Liq. Ammonii caust. 15 Kalii jod. 1Bei Angina als Gurgelwasser (nach Hager):
Rp.:
Fruct. Capsici ann. 10 (= Paprikaschoten) D.s.: 2,5 g zum Infus mit 1/2 l Wasser, mehrmals tägl. gurgeln. _____________________________________ Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938 Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.