Wilder Indigo, Leguminosae, frische Wurzel mit Wurzelrinde.
Name:
Baptísia tinctória (L.) R. Br. (= Sophora tinctoria L., = Podalyna tinctoria Mich.) Wilder Indigo. Französisch: Indigo sauvage; englisch: Wild indigo, horsefly weed, indigo broom, indigo weed, rattle bush, yellow broom; tschechisch: Tedy Baptisie barviřská.
Verbreitungsgebiet
Wiki: Bereits in vorchristlicher Zeit finden sich Indigofera-Arten in Indien, Ostasien und Ägypten.
Namensursprung:
Sowohl der Gattungsname Baptisia, vom griechischen βπτω (bápto) = färben, als der Artname tinctoria, vom lateinischen tingere = färben, beziehen sich auf die Indigogewinnung aus den Laubblättern.
Botanisches:
Die Pflanze ist in Nordamerika beheimatet. Ihre Wurzel ist fast holzig, außen graubraun, innen gelblich gefärbt und mit zahlreichen hellen Fasern besetzt. Der stielrunde, aufrechte und sehr ästige Stengel wird bis zu 1 Meter hoch, ist gelbgrün und fein gerillt. Die ganze Pflanze ist kahl. Die dreizähligen Blätter sind kurz gestielt, die Blättchen sitzend, von blaugrüner Farbe. Die gelben Schmetterlingsblüten bilden lockere Trauben. Die Frucht ist eine kaum 2-3 cm lange, stark aufgetriebene Hülse mit ledriger Schale und fast nierenförmigen, höckerigen Samen. Die Pflanze blüht im Juli und August. Wurzel und ganze Pflanze schmecken scharf und unangenehm. Aus dem Kraut gewinnt man einen indigoartigen Farbstoff. Die Pflanze gedeiht auch in deutschen Kulturen ausgezeichnet.
Geschichtliches und Allgemeines:
Die jungen Sprossen werden in ihrer Heimat wie Spargel gegessen. über die homöopathische Prüfung des Mittels berichtete als erster W. L. Thompson im Jahre 1857.
Wirkung
In ihrer nordamerikanischen Heimat wird die scharfwirkende Wurzel wie auch die ganze Pflanze als Antiseptikum, gegen Typhus und Scharlach angewandt; nach
Potter außerdem bei Amenorrhöe, typhösen und gewöhnlichen Fiebern, epidemischer Dysenterie und äußerlich gegen hartnäckige, schmerzende Ulzera, Gangrän und gangränöse Wunden.
Septische Prozesse und Infektionskrankheiten mit typhösem Verlauf sind die Hauptindikationen der homöopathischen Schule.
In kleinen Dosen wirkt Baptisia abführend, in großen verursacht es Vomitus, Diarrhöe und schwere Gastroenteritis. Es wirkt stimulierend auf die Leber, regt die Sekretion der Drüsenanhänge der Gastrointestinalschleimhaut an und hat eine beträchtliche antiseptische Kraft.
Das in der Wurzel enthaltene Resinoid Baptisin wirkt in Dosen von 0,1 bis 0,3 g abführend, erzeugt aber häufig Koliken. Auch das Glykosid Baptin purgiert schwach. Außer den angeführten Stoffen ist in Baptisia u. a. auch das Alkaloid Cytisin enthalten (vgl. Cytisus laburnum).
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Baptisia ist zur Behandlung septischer und typhöser Prozesse mit Prostration und Fieber geeignet*).
Einzelindikationen sind: Diphtherie mit Gangränbildung, Scharlach, Grippe (auch Darmgrippe), Malaria, septische Angina, gastrische Fieber, Typhus (auch Paratyphus), Dysenterie, Enteritis, Gastritis, Cholera asiatica, Diarrhöe mit großer Schwäche, Prolapsus ani, Appendizitis, Peritonitis und Urinverhaltung. Ferner wird Baptisia mit gutem Erfolg bei Dysphagie, insbesondere Oesophagusspasmen, Stomatitis, Aphthen, Ulzera, besonders des Schlundes und bei schwerem eitrigen Zerfall von Mammakarzinom gegeben.
Stoephasius, Schwedt, wandte es in D 2-3 bei einer Wöchnerin mit stark riechenden Lochien im Wechsel mit Echinacea Ø mit gutem Heilerfolg an. überhaupt ist Baptisia namentlich dann indiziert, wenn bei allen oben genannten Leiden alle Se- und Exkrete stinkenden Geruch haben. Schließlich wird Baptisia noch bei Herzschwäche genannt.
Ulrich verordnet das Mittel im Teegemisch mit Cochlearia officinalis gegen Lockerwerden der Zähne. Nach Schlegel, Lindau, der Baptisia D 3 bei chronischem Fieber von alten Phthisikern mit Erfolg anwendete, kann die Verabreichung der stärkeren Dosis von D 2 schon lästigen Husten erzeugen.
Nach Richter wirkt Baptisia in D 3 auch bei Hundestaupe mit Lähmungssymptomen.
Als Wechselmittel werden häufig Bryonia und Kalium chlor. genannt. Bei Oesophagusspasmen wendet Donner Baptisia D 3 im wöchentlichen Wechsel mit Ignatia D 6 an.
+) Beispiel für die Anwendung:
(Nach Witkowski, „Deutsche Zeitschrift für Homöopathie“ 1929, S. 308.) Am 19. 6. 1928 suchte mich ein Gutsverwalter auf, der durch Übertragung von Pferderäude im Jahre 1918 infiziert war. Er klagte über heftigste Kopfschmerzen, Ohrenreißen, Augenschmerzen, Obstipation und sehr schlechten Schlaf. Das ganze Gesicht, besonders die rechte Seite inklusive Nase, war fast ziegelrot. Das rechte Auge zeigte einen Herpes corneae von höchster Intensität, es sah völlig blutunterlaufen aus. Zum Schutze trug er eine Brille. Sehen konnt er auf dem rechten Auge gar nicht, zudem litt er an heftig brennenden Sekreten aus Auge und Nase. Ich verordnete Baptisia D 2 und Arum triphyllum D 2. Am 17. 7. berichtete mir der Patient, er habe vom 27. 6. ab, also 8 Tage nach dem ersten Einnehmen der Medikamente, derartige Kopf- und Augenschmerzen gehabt, wie in den ganzen 10 Jahren seit Bestehen der Krankheit nicht; da er aber auf das Eintreten der Reaktion vorbereitet gewesen sei, habe er die Medizin trotzdem immer weiter genommen. Die Röte des Gesichts hatte jetzt am 17. 7. bedeutend abgenommen, der Herpes mit seinen Begleiterscheinungen hatte sich zurückgebildet, der Schlaf wurde als gut, der Stuhl als normal bezeichnet. Noch nicht beeinflußt war das Ohrenreißen. Jetzt wurden Arum triphyllum D 2 und Belladonna D 6 verordnet. Am 11. 9. war eine weitere wesentliche objektive und subjektive Besserung eingetreten. Ich ließ den Patienten neben obigen Medikamenten zweimal wöchentlich Baptisia D 2 je einmal nehmen, worauf sich alle Beschwerden bis auf ein geringfügiges Ohrenreißen verloren.
Angewandter Pflanzenteil:
Von allen Seiten wird nur die Wurzel samt der Rinde als verwendeter Pflanzenteil angegeben.
Die Verwendung der frischen Wurzel erwähnen ausdrücklich Schmidt und Clarke, und Hager gibt als Sammelzeit den Herbst an. Bei Hahnemann finden sich über Baptisia keine Angaben.
Das „Teep“ wird aus den im August bis Oktober geernteten frischen Wurzeln bereitet. Die Urtinktur nach dem HAB. wird ebenso hergestellt (§ 3).
Dosierung:
Übliche Dosis:
Bei Fieber stündlich Tropfendosen (Potter).
0,3-1,8 g der Tinktur (Potter);
2 Tabletten der Frischpflanzenverreibung „Teep“ drei- bis viermal täglich.
(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 10% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,025 g Rad. Baptisiae.)
In der Homöopathie:
dil. D 2-3, dreimal täglich 10 Tropfen.
Maximaldosis:
Nicht festgesetzt.
_____________________________________ Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938 Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.