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Cactaceae.

Name:

Anhalónium lewinii Henn. (= Ariocarpus lewinii = L. lewinii Thompson). Peyotl. Englisch: Mescal buttons, devil’s root, dumpling cactus.

Namensursprung:

Peyotl ist aus pi = zart und yautli = betäubend unter Hinweis auf die betäubende Wirkung der Pflanze zusammengesetzt worden.

Botanisches:

Die Artgliederung der Gattung Lophophora ist noch durchaus nicht gänzlich geklärt, so daß die Charakterisierung der Pflanze noch unsicher ist. Anhalonium lewinii ist ein kugeliger bis birnenförmiger Kaktus, der etwa Faustgröße erreichen kann. Er ist trocken, graugrün und mit einem schmutzig-weißen Haarkissen geschmückt. Die Blüten entspringen aus der etwas eingesenkten Mitte der Oberfläche des Kaktuskörpers. Auf diesem sitzen spiralig gestellte runzelige Höcker mit dichtem weißgelblichem Filzpolster. Im übrigen ist er stachellos. Heimat: Mexiko.

Dem Anhalonium (Lophophora) lewinii steht außerordentlich nahe die Form Lophophora williamsii. Darüber berichtet das Maiheft 1937 von Cactaceae, Jahrbücher der Deutschen Kakteen-Gesellschaft. Eine Trennung nach der äußeren Form ist kaum möglich. Da aber nach Heffter die Unterscheidung auf chemischem Wege sehr leicht ist (in L. williamsii findet sich Pellotin, in L. lewinii Anhalonin), und da „auch die größten Sendungen die eine oder die andere Form enthalten haben, also eine lokale Trennung der beiden Formen bestehen müsse“, so werden sie wohl zumindest als Standortsvarietäten aufzufassen sein. Andere Autoren geben – allerdings geringfügige – anatomische Unterschiede an, und „J. Ochotorena (Las Cactaceas de Mexiko) stellt fest, daß es mindestens die beiden Arten L. williamsii mit fortlaufenden Rippen, weißen bis blaßrötlichen Blüten und ‚lavendelfarbenen‘ Früchten und L. lewinii mit warzig-zerlegten Rippen, gelben Blüten und roten Früchten gäbe.“ . . . . „Die typische ‚Williamsii‘-Form hat nun ziemlich zahlreiche, an den Areolen kaum verbreiterte Rippen, die häufig leicht spiralig verlaufen.“ . . . . „Liegen in diesem Falle die Rippen etwas spiralig und die Querfurche wird – schräg bleibend – stärker ausgeprägt, so zerfallen die Rippen in flache Warzen (‚Lewinii-Form‘).“

Geschichtliches und Allgemeines:

Anhalonium ist eine Droge, die aus den in Scheiben geschnittenen, getrockneten Köpfen der Kaktee hergestellt wird. Das Anhalonium spielt bei vielen Indianerstämmen und Eingeborenen Amerikas (Chichimeken, Huicholen, Tarahumari, Comanchen, Kiowas in Arkansas) seit Jahrhunderten als narkotisches Berauschungsmittel bei religiösen Zeremonien, Prozessionen, Tänzen, nächtlichen Gelagen usw. eine große Rolle. Bernardo Sahagun, der berühmte mexikanische Chronist des 16. Jahrhunderts, schreibt, daß die Chichimeken den Peyotl sehr viel äßen, er gäbe ihnen Mut und Kraft, ließe sie weder Hunger noch Durst verspüren und hülfe ihnen in allen Gefahren. Auch verursache die Pflanze schreckliche und lächerliche Visionen. Der unter Philipp II. lebende Naturforscher Hernandez hörte, daß diejenigen, die die Wurzel der Pflanze äßen, wahrsagen könnten. In späteren religiösen Schriften finden sich Angaben, die darauf hindeuten, daß die Kirche dem Peyotl zauberhafte Wirkungen durch dämonische Eigenschaften zuschrieb und in der Beichte danach fragen ließ. – Da das Anhalonium durch eine besondere Erregung Genüsse eigener Art, wenn auch nur als Sinnesphantasmen oder als höchste Konzentration des reinsten Innenlebens hervorruft, so daß der davon Umfangene sich in eine neue Sinnen- und Geisteswelt versetzt glaubt, ist es zu verstehen, daß der alte Indianer Mexikos die Pflanze fast göttlich verehrte und in ihr die pflanzliche Inkarnation einer Gottheit erblickte. Bei den einzelnen Stämmen knüpfen sich verschiedene Gebräuche an den Genuß des Peyotl. So wird er bei den Huicholen nur im Dezember oder Januar an einer Art Erntedankfest genossen. Während der Zeit der Einsammlung im September oder Oktober enthalten sich die an einer solchen etwa 43 Tage dauernden Expedition sich beteiligenden Huicholen des Salzes, der Paprika und des Coitus. An dem Feste werden die getrockneten Anhalonien mit Wasser vermischt und zerrieben als Getränk gereicht. Der Gebrauch des Peyotls, der sich in einem freilich nicht sehr ausgedehnten Gebiet schon durch Jahrhunderte gehalten hat, dauert trotz verschiedener Regierungsverbote fort und hat sich seit Ende des 19. Jahrhunderts epidemieartig ausgebreitet. Wie Reko berichtet, sollen sich in den letzten Jahren auch zahlreiche Angehörige der weißen Rasse diesem Rauschgift ergeben haben. Zum Teil tragen auch verschiedene religiöse Sekten zu der Verbreitung bei, indem sie u. a. z. B. behaupten, daß das Peyotlessen heilig mache und den Charakter läutere.

Wirkung

Wie Reko ausführlich schildert, treten bald nach dem Genuß des grasig-bitteren Peyotls unangenehme Erscheinungen auf, die sich durch Kopfdruck, Schwindel, Übelkeit und Lichtscheu charakterisieren. Nach etwa zwei Stunden schwinden diese Erscheinungen und machen einer verdrossenen Abgeschlagenheit und Müdigkeit Platz. Ziemlich unvermittelt setzt dann der richtige Rauschzustand ein. „Man sieht alles plötzlich wie an einem frischen Morgen, in prachtvollen Farben, kristallklar und unwahrscheinlich plastisch. Schließt man die Augen, so drehen sich bunte Feuerräder, fließen Ströme farbigen Lichtes wie bunte Kaskaden. Funken, klar wie Edelsteine von reinstem Wasser, scheinen herumzuspringen und in der Luft zu schweben. Mitunter hört man eine Musik, so schön, wie Musik nur im Traume sein kann. Bald treten Visionen greifbarer Art auf. Die Versuchsperson spinnt die Erscheinungen und Gestalten, die sie zu sehen vermeint, zu langen Träumen, meist angenehmen Inhaltes, zusammen. Nur selten treten schreckhafte und unangenehme Empfindungen auf oder gar Angstgefühle.“ Das Gefühl einer großen geistigen Überlegenheit macht sich bemerkbar, die ganze Denkarbeit scheint schneller, reibungsloser und müheloser abzulaufen. Dem eigentlichen Rauschzustand folgt am anderen Tage kein weiteres Übelbefinden.

Lewin untersuchte als erster diese Anhaloniumart. Nach ihm wird auch die Pflanze benannt. Es gelang ihm, aus der Droge eine basische und sirupöse Substanz zu gewinnen, die er als Anhalonin bezeichnete und deren Wirkungen sich im Tierexperiment denen des Strychnins und Brucins sehr ähnlich erwiesen.

Heffter setzte die Untersuchungen fort und isolierte die vier Alkaloide: Anhalonidin, Anhalonin, Lophophorin und Mezcalin.

Über die chemische Struktur dieser Alkaloide vgl. die Arbeiten von Spaeth.

In Selbstversuchen mit den vier erwähnten Alkaloiden stellte Heffter fest, daß nur das Mezcalin (das in der Droge bis zu 0,9% vorkommt) die charakteristischen Symptome der Peyotlvergiftung hervorruft, wie farbige Visionen, Verlust des Zeitsinnes, Schwindel, Erbrechen, Kopfschmerz. Anhalonidin erzeugte nur ein dumpfes Gefühl im Kopfe. Anhalonin wirkte beruhigend ohne einschläfernde Wirkung, und Lophophorin rief Rötung und fliegende Hitze im Gesicht hervor, sowie schmerzhaften Druck im Hinterkopf.

Über die weitere Pharmakologie der Anhaloniumalkaloide vgl. auch Joachimoglu und Keeser. Nach ihnen fand Kauder außer den vier von Heffter gefundenen Alkaloiden noch ein neues Alkaloid, das Anhalamin. In Anhalonium williamsii, einer Kaktee, die auf Grund ihrer morphologischen Merkmale kaum von Anhalonium lewinii zu unterscheiden ist, findet sich das von Heffter gefundene Pellotin, welches schlafbringend wirkt. Dieses konnte nicht mit Sicherheit in Anhalonium lewinii nachgewiesen werden.

Auch Beringer beobachtete nach Mezcalin allein Auftreten eines starken Rausches mit optischen Trugbildern von großer Buntheit und reicher Abwechslung, u. U. eine stundenlang anhaltende Psychose.

De Jong erzeugte durch Mezcalin Katatonie und Dementia-praecox-Erscheinungen.

Bei Mezcalinvergifteten beobachteten Zucker und Zador den Verlust der Fähigkeit, die reproduktiven Vorstellungen zu beherrschen, ferner Gedankenabreißen und Gedankenschwäche.

Smolska sah ausgedehnte Blutungen in der Marksubstanz, Hyperämie, Veränderungen in Mark und Rinde der Nebennieren, Fettinfiltrationen und Degeneration, Veränderungen in den Leberzellen.

Lewin nimmt an, daß bei gewohnheitsmäßigem Gebrauch eine Verschlechterung der Gehirnfunktionen eintritt.

In Amerika wird Anhalonium gegen Angina pectoris, Dyspnoe und zu schmerzlindernden Kataplasmen gebraucht. Mit der Verabreichung der Tinktur wurden gute Erfolge bei Neuralgien erzielt. Die Homöopathie wendet es gegen Delirien, Kopfschmerzen, Halluzinationen, Gehirnerschöpfung und Neurasthenie an.

Im Tierversuch war der wäßrige konzentrierte Preßsaft der Pflanze wirkungslos, dagegen war mit Alkohol das Gift leicht extrahierbar. Nach dem Abdampfen des Alkohols ließ sich der Rückstand fast quantitativ in Wasser aufnehmen. Diese Lösung wirkte stark toxisch.

Eine Methode zur Bestimmung der Gesamt-Alkaloide in Anhalonium wurde in meinem Laboratorium ausgearbeitet. In der homöopathischen Urtinktur wurden 0,17% gefunden. Die Untersuchung der Pflanze selbst ergab für die importierten Exemplare einen Gehalt von 1,4% und für die in meiner Heilpflanzen-Kultur gezüchteten 0,66% Gesamt-Alkaloide.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Anhalonium wird in der Homöopathie empfohlen bei Gehirnerschöpfung, Halluzinationen, Delirien und Koordinationsstörungen.

Angewandter Pflanzenteil:

Arzneiliche Verwendung findet die ganze Pflanze.

Homöopathische Urtinktur nach dem HAB.: Frische Pflanze (§ 3). Das „Teep“ hat denselben Ausgangsstoff.

Sammelzeit: September oder Oktober.

Dosierung:

Übliche Dosis in der Homöopathie:

2 Tabletten der Frischpflanzenverreibung „Teep“ nach Bedarf.

(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 0,1% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,00025 g Anhalonii lewinii).

Dil. D 4, dreimal täglich 10 Tropfen.

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt.

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Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938
Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.

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