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Frauenmantel, Rosaceae.

Name:

Alchemílla vulgáris L. Gemeiner Frauenmantel, Taubecher. Französisch: Manteau de Notre-Dame; pied de lion; englisch: Lady’s mantle; italienisch: Alchemilla, Erba ventaglina, erba stella; dänisch: Lövefod; norwegisch: Maricåpe; polnisch: Przywrotnik; russisch: Manzetka; tschechisch: Kontryhel obecný, husí nožka; ungarisch: Palastfü.

© Gisa, Alchemilla, Blätter

© Gisa, Alchemilla, Blätter

© Gisa, Alchemilla, junges Blatt

© Gisa, Alchemilla, junges Blatt

© Gisa, Alchemilla, Blüten

© Gisa, Alchemilla, Blüten

 

 

Verbreitungsgebiet

Weiteres Vorkommen: östliches Nordamerika, Grönland, inftsien vom Kaukasus und Himalaja bis Sibirien.

Namensursprung:

Der von den meisten vorlinnéischen Autoren bis Tournefort Alchimilla oder Alchymilla geschriebene Name scheint zuerst bei H. Bock im 16. Jahrhundert aufzutreten und bezieht sich darauf, daß die auf den Laubblättern von der Pflanze angesammelten Tautropfen von den Alchemisten als himmlisches Wasser zur Bereitung des Steines der Weisen gebraucht wurden. Nach de Sonza geht Alchemilla auf den arabischen Stamm „alkemelych“ zurück. Der Name Frauenmantel weist auf die großen, mantelförmigen Blätter hin.

Volkstümliche Bezeichnungen:

Mäntli, Mäntlichrut, Hasämänteli, Frauenmänteli (Schweiz), Krusemäntelchen (Oberharz), Herrgottsmäntelchen (Eifel), Liebfrauenmantel (Nassau), Muetergottesmäntele (Elsaß), Mariamäntela (Schlesien), (Muttergottes-) Mantelteni (Schweiz: Goms), Jungfernmantel (Steiermark). Gänseloutschen (Riesengebirge), Gänseplâtschel (Nordböhmen). Die an den Blattzähnen (Hydathoden) ausgeschiedenen Wassertröpfchen sowie der Umstand, daß sich Regenwasser in den etwas trichterförmig vertieften Blättern längere Zeit hält (um eigentliche „Tautropfen“ wird es sich meist nicht handeln), haben Namen veranlaßt wie Daufänger (Gotha), Taubecherl (bayerisch-österreichisch), Taubletter, -mantel, -schüsseli (Graubünden), Wasserträger, Rägätropfä (Schweiz), Taukräútel (Obersteiermark). Der Name Sin(n)au findet sich im Böhmerwald als Sinäugl, Zinäugl.

Botanisches:

Die in fast ganz Europa und Asien auf frischem humösen und dungkräftigen Boden lebende ausdauernde bis 30 cm hohe Halbrosettenstaude mit kahlen bis dicht zottig behaarten Sprossen kommt sowohl auf kalkreichem als auch auf kalkarmem Boden gleich gut fort. Ihre grundständigen Blätter sind langgestielt, sieben- bis neunlappig, die stengelständigen kürzer gestielt bis fast sitzend, fünf- bis siebenlappig, stets gesägt oder gekerbt, in der Jugend gefaltet. Der Blütenstand ist oft sehr reichblütig, mit kahlen, grünen Blüten. Alchemilla vermehrt sich nur ungeschlechtlich, da ihre Blüten unfruchtbar sind. Alchemilla verfettet auf gedüngten Wiesen sehr schnell. – Alchemilla vulgaris variiert sehr stark; die am stärksten behaarten Formen haben die größte Verbreitung. Bei ihnen ist die Ansammlung von Tau- und Regentropfen infolge der oberseits behaarten Blattspreiten im Blattbecher besonders auffällig. Blütezeit: Mai bis August.

Geschichtliches und Allgemeines:

Der Frauenmantel war schon bei den Germanen sehr geschätzt, die die Pflanze der Frigga, der Göttin der Natur und ihrer Fruchtbarkeit, geheiligt hatten und sie zur Zeit des abnehmenden Mondes zu gewissen Heilzwecken benutzten. In Schweden ist sie seit alten Zeiten als Mittel gegen Ergotismus im Volke gebräuchlich. Als mit der zunehmenden Christianisierung die Göttin Frigga durch die Jungfrau Maria abgelöst wurde, wandelte sich auch der Frauenmantel als Marienmantel in ein „Unser lieben Frawen“ zugehöriges Marienblümchen um. Die hl. Hildegard empfahl ihn besonders gegen Kehlgeschwüre. Doch auch als Adstringens, Emmenagogum, Diuretikum, zu Mundwässern, Bädern, Umschlägen usw. ist er verwandt worden. Einen interessanten Sinau-Segensspruch führt Fossel an: „Wem ein Kind zerbrochen (Abortus), der nehme Sinau (Alchemilla) und halte es warm zu den Gemächten.“

Die Esten schreiben dem Tau, der sich auf den Blättern der Pflanze sammelt, eine heilende Wirkung bei Augenentzündungen zu, und in der Schweiz gilt das Waschen mit den betauten Blättern als gutes Mittel zum Vertreiben der Sommersprossen. Die Pflanze ist ein Lieblingsfutter der Pferde.

Wirkung

Paracelsus rühmt die Alchemilla, daß sie – getrunken – jede innere und äußere Wunde heile und auch Ulzerationen günstig beeinflusse.

Als ein „recht Wundtkraut“ lobt auch Lonicerus den Frauenmantel, der nicht nur äußere Wunden, sondern auch innere Verletzungen und Brüche heile und gegen Epilepsie (in Verbindung mit Aderlaß) und hitzige Geschwülste dienlich sei.

Matthiolus schreibt das gleiche und berichtet, daß der Alchemillasaft, mit Leinentüchern auf die Brust gelegt, diese nicht größer wachsen lasse.

Unter die Wundkräuter rechnen auch Hecker und Weinmann die Alchemilla. Letzterer nennt außerdem noch Fluor albus und Menorrhagien als Indikationen. Lange Zeit in Vergessenheit geraten, wurde der Frauenmantel nur in der Volksmedizin gebraucht, die ihn auch heute noch als Blutreinigungsmittel und Diuretikum, als Heilmittel bei Darmkatarrh, Menorhagien, Diabetes, bei akuten Entzündungen, aber auch langwierigen Eiterungen, inneren Verletzungen, nach der Entbindung und bei Hernien im jüngeren Lebensalter hochschätzt und ihn äußerlich als gutes Wundheilmittel verwendet. Eine nahe Verwandte, die Alchemilla alpina, wird im Volke gegen habituelle Fettleibigkeit und meteoristische Beschwerden gerühmt.

In der russischen Volksmedizin wird u. a. Intertrigo an den Fingern mit pulverisierten Frauenmantelblättern behandelt.

Auch Janson sah Erfolge von der äußerlichen Anwendung bei Fluor-Patientinnen.

Im Volke wendet man die Pflanze (ähnlich wie Viburnum prunifol. oder opul.) zur Stärkung des Uterus bzw. Festigung der Frucht an:

Ein gutes Beispiel für diese Anwendung bringt der Kräuterpfarrer Künzle, der schreibt: „Das Frauenmänteli stärkt die Muskeln der Frauen in geradezu auffallender Weise. Einer Frau im Glarnerland, welche schon 10 Geburten durchgemacht hatte, wobei die letzten drei sie zwischen Leben und Tod brachten, prophezeiten die Ärzte, die 11. Geburt werde ihr den sicheren Tod bringen. Diese 11. Geburt kam wirklich, brachte jedoch keineswegs den Tod, war auch keine Fehlgeburt, sondern die leichteste und beste von allen elfen, und das Kind war das schönste und stärkste von allen; wie war dies nun gekommen. Die gute Frau hatte auf den Rat eines Kräutermannes vom dritten Monat an täglich eine Tasse Frauenmänteli getrunken.“ Die gleiche Anwendung kennt auch die russische Volksmedizin.

In der Schweiz soll das Kraut auch bei Arterienverkalkung und Apoplexie verwendet werden.

Als chemische Bestandteile der Alchemilla vulgaris sind bisher nur Gerbstoff und Bitterstoff bekannt, während Alchemilla alpina u. a. viel Gerbstoff, einen Harzkörper, Lezithin, Öl- und Linolsäure und ein Phlobaphen enthält.

Alchemilla wirkt nicht bakterizid bzw. fungizid.

Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):

Dänemark: Als Wundheilmittel und gegen Geschwüre.

Italien: Gegen Hydrops und Diarrhöe.

Norwegen: Die Abkochung innerlich und äußerlich gegen Herpes zoster (I. R.-K.).

Polen: Gegen Magen- und Darmkatarrh.

Ungarn: Als Wundheilmittel und Diuretikum, bei Menorrhagien.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Alchemilla wird als Fluormittel und als Wundmittel bei inneren und äußeren Wunden angewendet. Man verordnet sie auch gern in Form von Spülungen, z. B. bei Menorrhagie, Unterleibsentzündungen, unregelmäßigen Menses und Erschlaffungszuständen des Unterleibes.

Nach Klöpfer soll Alchemilla eine gute Entbindung und restlose Ausstoßung der Nachgeburt sichern, wenn vier Wochen vor der Entbindung dreimal täglich eine Tasse des Tees getrunken wird. Auch bei Fettleibigkeit infolge ovarieller Dysfunktion wird das Mittel verordnet und allgemein bei krankhaften Schmerzen im Unterleib.

Gern verordnet wird es auch bei Brand, Geschwüren, z. B. Panaritium, Ulcus cruris (wobei Reuter, Greiz, die frischen Blätter auflegt und durch eine Binde befestigt).

Alchemilla wird weiter genannt bei Blutarmut, Diabetes und Hydrops (sie ist ein gutes Diuretikum), bei Diarrhöen, Ruhr, Magenkrampf, Fieber, Erkältungskrankheiten, Arteriosklerose, Rheuma, Schlagfluß. Bei kleinen Kindern soll sie die Muskulatur stärken. Auch Schlaflosigkeit soll günstig beeinflußt werden. Bei Fluor albus wird Alchemilla gern zusammen mit Bursa pastoris, Equisetum arvense, Salvia offic. und Lamium album u. a. gegeben. Zu Sitzbädern bei Unterleibsentzündungen wird empfohlen: Alchemilla mit Quercus, Salix, Equisetum und Haferstroh; als Wund- und Badetee: Alchemilla mit Chamomilla, Salvia, Arnica.

Angewandter Pflanzenteil:

Matthiolus und Lonicerus verwendeten Kraut und Wurzeln.

Nach v. Haller wurden in den Apotheken hauptsächlich die Blätter gebraucht, ebenso nennt Hecker nur das Kraut.

Kraut und Wurzel waren früher als Radix et Herba Alchemillae offizinell. Geiger schreibt der Wurzel eine kräftigere Wirkung zu als dem Kraut.

Zörnig bringt die Anwendung des Krautes.

Zur Herstellung der Präparate empfehle ich die frische Pflanze mit Wurzel, aus der auch das „Teep“ bereitet wird.

Sammelzeit: Mai bis August.

Dosierung:

Übliche Dosis:

8 Teelöffel (= 6,4 g) täglich zum heißen Infus.

1 Teelöffel voll der Frischpflanzenverreibung „Teep“ dreimal täglich.

(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt.)

In der Homöopathie:

Ø bis dil. D 2, dreimal täglich 10 Tropfen.

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt.

Rezepte:

Zur Kräftigung des Uterus, bei inneren Blutflüssen u. Fluor albus:

Rp.:

Hb. Alchemillae conc. 50 (= Frauenmantelkraut)
D.s.: 4 Teelöffel auf 1 Glas kochendes Wasser, 10 Minuten ziehen lassen, 2 Glas täglich.

Bei Geschwüren und Wunden äußerlich (nach Droz):

Rp.:

Hb. Alchemillae 120-150 (= Frauenmantelkraut)
D.s.: Zur Abkochung mit 1 Liter Wasser. Den Absud zu Waschungen brauchen oder einem Bade zusetzen.

Bei Fluor albus (nach Meyer):

Rp.:

Rad. Gentianae 10 (= Enzianwurzel)
Hb. Equiseti (= Schachtelhalmkraut)
Flor. Lamii albi (= Weiße Taubnesselblüten)
Hb. Polygoni avicul.  aa  20 (= Vogelknöterichkraut)
Hb. Alchemillae vulo. 30 (= Frauenmantelkraut)
C.m.f. species.
D.s.: 1 Eßlöffel auf 1 Tasse Wasser abkochen. Tagsüber schluckweise zu nehmen.
Zubereitungsvorschlag des Verfassers: 2 Teelöffel auf 1 Glas Wasser
vgl. Zubereitung von Teemischungen

Zur Regulierung der Menstruation (nach Kroeber):

Rp.:

Hb. Alchemillae (= Frauenmantelkraut)
Hb. Anserinae  aa  20 (= Gänsefingerkraut)
Rad. Gei urban. (= Echte Nelkenwurz)
Flor. Lamii albi  aa  30 (= Weiße Taubnesselblüten)
C.m.f. species.
D.s.: Einmal täglich 1 Tasse als warmes Dekokt und 2-5 Tage vor der Periode zweimal täglich 1 Tasse warm.
Zubereitungsvorschlag des Verfassers: 3 Teelöffel voll auf 1 Glas Wasser
vgl. Zubereitung von Teemischungen
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Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938
Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.

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