Quecke, Gramineae.
Name:
Tríticum répens L. (= Agriopyrum repens (L). P. B., = Elytrígia repens Desv.). Quecke. Französisch: Chiendent; italienisch: Gramigna; englisch: Couch-Quitch; dänisch: Kockgräs, Kvikurt; norwegisch: Kveike; polnisch: Perz; russisch: Pyriej; schwedisch: Kvickrot; tschechisch: Pýr plaziný; ungarisch: Tarackbuza.
Verbreitungsgebiet
Weiteres Vorkommen: Sibirien, Nordafrika, Nordamerika.
Namensursprung:
Triticum ist der alte lateinische Name für Weizen, wahrscheinlich abgeleitet vom lateinischen tritus = zerquetscht oder zerrieben, Agriopyrum, das meistens fälschlich mit Agropyrum bezeichnet wird, kommt vom griechischen γριος (ágrios) = wild und πνρς (pyrós) = Weizen, also eigentlich wilder Weizen, repens = kriechend. Die Volksnamen dieser Grasart beziehen sich hauptsächlich auf ihre Eigenschaft als schwer zu vertreibendes, lästiges Unkraut. In erster Linie gehört hierher der Name Quecke aus queck = lebendig von der indogermanischen Wurzel giw = leben, zu der auch griechisch βος (Leben), vivus (lebendig), englisch quick (lebendig) gehören.
Volkstümliche Bezeichnungen:
Mundartliche Formen von „Quecke“ sind: Quitsch (Dithmarschen), Quäken, Quecken (Pommern, Westfalen). Quekern, Quicke (Westfalen), Kwöäken (Emsland). Quicke (Nassau), Quacke (Nordböhmen, Riesengebirge), Kecke (Elsaß), Wegg (Schweiz: St. Gallen), Groägge (Schweiz: Bern). Zwecke (Riesengebirge, Nordböhmen, Erzgebirge). Den weit im Boden umherkriechenden Ausläufern verdankt die Art Namen wie: Grosworzel (Böhmen: Teplitz), Grähswurzel (Siebenbürgen), Wißwurz (Schweiz: Aargau), Schuoswurz, Schoßwürze = Schoßwurz, von Schoß = Trieb (Böhmerwald) usw. Slawischen Ursprungs dürften die Namen Peien (Hannover), Baia, Bair, Bajer, Bayer (Niederösterreich), Peier, Peierich (Steiermark), Baier, Paier (Kärnten) sein. Peed (Westpreußen), Pädde (Mark, Niederlausitz), Pedenzel (Göttingen). Wul (Göttingen), Wullband (Mecklenburg).
Botanisches:
Die ausdauernde Graspflanze mit meist unterirdisch kriechender und Ausläufer treibender Grundachse wird 20-150 cm hoch. Stengel und Blattscheiden sind glatt und kahl. Die grünen bis blaugrünen Blätter sind von kurzen Haaren rauh. Die langen strohgelben Wurzelstöcke bilden lange, innen hohle Glieder und geben ein nahrhaftes Viehfutter ab, denn sie enthalten 3% Fruchtzucker und 7% Tritizin (= gummiartiges Kohlehydrat). Die Quecke ist in Eurosibirien, in Nordafrika und Nordamerika als lästiges Unkraut bekannt. Vielfach findet sie zum Befestigen von Flußufern Verwendung. Blütezeit: Juni bis August.
Geschichtliches und Allgemeines:
Es dürfte nach H. Marzell sehr schwierig sein, die Quecke in den Schriften der antiken Ärzte und Botaniker wiederfinden zu wollen. Wohl werden bei Dioskurides, Plinius und anderen Gräser aufgeführt, aber nirgends läßt sich die Quecke sicher erkennen. Unzweideutig erscheint sie als „Rechgras, Queckengrass, Hundsgrasswurzeln“ zuerst bei Tabernaemontanus-Bauhinus. Im 18. Jahrhundert galt sie als eines der stärksten Mittel, das Gallensteine löste. Bei Van Swieten findet man, wie H. Leclerc berichtet, die Geschichte eines Kranken, der von chronischer Gelbsucht befallen, den Mut hatte, sich während zweier Jahre nur von Quecken zu nähren, und der dadurch geheilt wurde.
Wirkung
Nach Matthiolus ist die Abkochung der „Rachgraßvurtzel“ „gut wider das Grimmen vnd Verstopffung deß Haupts“ und wirksam bei Blasenstein, Würmern, „pestilentzischen Fibern“; äußerlich soll die Wurzel, zerstoßen und wie Pflaster übergelegt, Wunden heilen.
Bei Tabernaemontanus gilt sie als „heylsame Artzney“ gegen Blutspeien, Leberverstopfung, Gelbsucht, Nierenschmerzen, -stein und -grieß, Koliken, Blasenleiden, Harnstrenge, Blutruhr und Diarrhöen.
Als Volksmittel bei Fieber und gegen Haarausfall führt sie Osiander an. In der heutigen Zeit wird der Queckentee im Volke bei chronischen Bronchialkatarrhen, Verdauungsstörungen und Folgeerscheinungen der Arthritis, bei chronischen Ekzemen und Hautsyphiliden angewandt. Nach G. G. Wegener gilt sie im Volke auch als ausgesprochenes Frauenmittel bei Unterleibserkrankungen. Nach ihm haben die Ärzte früher die Wurzel als Kräftigungsmittel nach schweren Operationen benutzt.
Hertwig nennt sie ein gutes Drüsenmittel, das bei Leberkrankheiten und Drüsenanschwellungen gebraucht würde.
Bohn zählt die Queckenwurzel zu den blutreinigenden Mitteln. Nach Leclerc kann sie als erfrischendes Getränk bei entzündlichen Zuständen des Harn- und Verdauungsapparates benutzt werden.
Queckenwurzel ist nach Jansons Erfahrungen gut bei Muskelrheumatismus.
Die abführende Wirkung wird von Peyer als zweifelhaft hingestellt.
Sie enthält u. a. an wirksamen Substanzen etwa 7% Tritizin, ein schwach hämolytisch wirkendes Saponin, Vanillinglykosid, ein Amygdalin spaltendes Enzym und Inosit.
Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):
Dänemark: Innerlich als auflösendes und blutreinigendes Mittel, bei Lungenleiden und Fieber.
Polen: Als mildes Diuretikum und Diaphoretikum.
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Triticum repens ist ein gutes Blutreinigungsmittel, das allerdings meist nur als Unterstützungsmittel in Verbindung mit anderen Kräutern bei rheumatischenundgichtischen Affektionen, zur Erhöhung der Diurese, bei Hydrops, Blasenleiden wie Harnbeschwerden, Cystitis, Harnverhaltung, besonders bei Greisen und schwächlichen Kindern, bei Steinleiden der Harnorgane (hier gern mit Equisetum) und Galle, Milz- und Leberleiden und Ikterus gern gegeben wird.
Auch bei Drüsenstockungen aller Art, Drüsenschwellungen, Skrofulose, Brustverschleimung, Husten, Magen- und Darmkatarrh, ferner Syphilis, Fieber, Rachitis, trockenen und nassen Ekzemen und Acne vulgaris kommt ihre ausscheidende und reinigende Wirkung in Betracht.
Angewandter Pflanzenteil:
Allgemein üblich ist der Gebrauch der Queckenwurzel, des Rhizoms der Pflanze, wie Matthiolus, Geiger, Osiander, Wasicky, Thoms, Dragendorff u. a. angeben.
Auch das HAB. läßt die homöopathische Urtinktur aus der frischen Wurzel bereiten (§ 3).
Das „Teep“ wird ebenfalls aus frischen Rhizomen der Quecke hergestellt.
Sammelzeit: März und August.
Rhizoma Graminis ist offizinell in der Schweiz, in Österreich, Ungarn, Belgien, Frankreich, Spanien, Griechenland, Rumänien und in den Vereinigten Staaten.
Dosierung:
Übliche Dosis:
4 Teelöffel voll (= 14 g) des Rhizoms zum kalten Auszug täglich;
1 g des gepulverten Rhizoms dreimal täglich (Wesenberg).
1 Teelöffel voll der Frischpflanzenverreibung „Teep“ viermal täglich.
(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt.)
Maximaldosis:
Nicht festgesetzt.
Rezepte:
Als Blutreinigungsmittel, bei Gicht, Rheuma usw.:
Rp.:
Rhiz. Tritici repentis (seu Graminis) conc. 30 (= Queckenwurzel)
D.s.: 4 Teelöffel voll mit 1 Glas Wasser kalt ansetzen, 12 Stunden ziehen lassen, abgießen, den Teerückstand mit 1 Glas kochendem Wasser übergießen, 10 Minuten ziehen lassen, beide Aufgüsse vermischen und tagsüber trinken.
Preis nach Arzneitaxe 10 g -.05 RM.
Bei Syphilis als Unterstützungsmittel (nach Wesenberg):
Rp.:
Rhiz. Tritici 80 (= Queckenwurzel)
Rhiz. Caricis arenariae 50 (= Sandseggenwurzel)
Rad. Bardanae (= Klettenwurzel)
Cort. Ulmi aa 30 (= Ulmenrinde)
Fol. Ledi palustris 20 (= Sumpfporstblätter)
Hb. Clematidis rectae 40 (= Kraut der Aufrechten Waldrebe)
M.f. species.
D.s.: 4 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser
vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.
Rezepturpreis ad chart. etwa 2.04 RM.
Bei Acne vulgaris (nach Bischoff):
Rp.:
Rhiz. Tritici repentis conc. (= Queckenwurzel)
Hb. Fumariae conc. (= Erdrauchkraut)
Hb. Glechomae hederaceae conc. (= Gundermannkraut)
Rad. Inulae helenii conc. aa 20 (= Alantwurzel)
Flor. Sambuci (= Holunderblüten)
Bacc. Juniperi conc. aa 10 (= Wacholderbeeren)
D.s.: 4 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser
vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.
Rezepturpreis ad chart. etwa -.97 RM.
Bei rheumatischen und gichtischen Schmerzen sowie Darmstörungen (nach Beck):
Rp.:
Rhiz. Tritici repentis (= Queckenwurzel)
Rad. Aegopodii podagrariae(= Gierschwurzel) aa 50
M.f. species.
D.s.: 5 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser
vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.
Rezepturpreis ad chart. etwa -.82 RM.
Bei Gastritis und Enteritis (nach Wittlich):
Rp.:
Rhiz. Tritici (= Queckenwurzel)
Rad. Taraxaci (= Löwenzahnwurzel)
Hb. Veronicae (= Ehrenpreiskraut)
Fol. Urticae aa 20 (= Brennesselblätter)
M.f. species.
D.s.: 4 Teelöffel auf 2 Glas Wasser
vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291.
Rezepturpreis ad chart. etwa -.67 RM.
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Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938
Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.