Lungenflechte Stictaceae.
Name:
Stícta pulmonária Ach. (= Lobaria pulmonaria Hoffmann). Lungenflechte. Französisch: Lichen pulmonaire; englisch: Lung-wort; dänisch: Lungelöv, Lungemos; polnisch: Plucnica; russisch: Dubowaja lapka; tschechisch: Důlkatec; ungarisch: Tüdö zuzmó.
Verbreitungsgebiet
Namensursprung:
Sticta wird vom griechischen στιχτς (stiktós) = gefleckt, punktiert abgeleitet, pulmonaria vom lateinischen pulmo, pulmonis = Lunge, wohl wegen Ähnlichkeit der Flechte mit dem Lungengewebe, vielleicht aber auch als Hinweis auf die Verwendung gegen Lungenkrankheiten.
Botanisches:
Die Lungenflechte gehört zur Gruppe der Blattflechten. Sie bildet keine aufrechten, strauchartigen Polster wie z. B. das Isländische Moos (Cetraria islandica), sondern tiefbuchtige, bis handgroße Lappen. Diese weisen oberseits grubige Vertiefungen auf, deren Ränder insgesamt ein Adernetz bilden. Der Thallus ist grünlich, leder- oder rotbraun. Am Rande und auf den Netzleisten ist er oft mit gelblich-weißen, mehligen Häufchen, sogen. Soralen besetzt. Die Unterseite ist hellbraun und in den Furchen manchmal schwarz filzig. Die Scheibe der Früchte ist rotbraun. Die Flechte lebt als Epiphyt auf verschiedenen Bäumen, meist an Buche und Ahorn. Sie ist bei uns stark im Schwinden begriffen. Häufig ist sie im hohen Norden, in den Alpen und auf dem Balkan. Verbreitung: Europa, Nordamerika, Afrika, Asien.
Geschichtliches und Allgemeines:
Die Lungenflechte war als Herba pulmonariae arboreae früher offizinell und wurde hauptsächlich bei Erkrankungen der Atmungsorgane angewandt. Auch in der Tierheilkunde wurde die Droge gegen Husten und Asthma gebraucht.
Wirkung
„Sein Augent ist weychen und auflösen“, schreibt Lonicerus vom Lungenkraut, das er bei Phthisis, Asthma, Atemnot und Husten, bei Leberleiden und äußerlich zum Aufstreuen auf heiße Geschwüre anwenden läßt.
Auch Matthiolus rühmt ihm nach, daß es, auf Wunden gestreut, diese „zusammenzwinget mit eylender Heylung“. Innerlich gibt er es mit den gleichen Indikationen wie Lonicerus, außerdem bei Lungenabszeß, Blutspeien, chronischer Diarrhöe, Ruhr, übermäßiger Menstruation und bei Vomitus und Diarrhöe nach heftigem Purgieren.
- Haller schreibt ihm magenstärkende, stopfende, schmerzstillende, besonders aber husten- und schwindsuchtlindernde Wirkung zu; es sei Bestandteil eines englischen Präparats, sirupus de musco querno, ad tussem convulsivam, das seit vielen Jahren als zuverlässiges Mittel gegen gichtischen Husten berühmt sei.
Auch heute noch ist das Lungenmoos im Volke bei Lungenkrankheiten sehr beliebt. – Die Homöopathie bedient sich seiner bei Erkrankungen der Respirationsorgane, die durch Trockenheit und Schmerzhaftigkeit der Schleimhäute charakterisiert sind, ferner bei Rheumatismus des Kniegelenks und Hysterie. – Die Wirkung beruht im wesentlichen auf dem Gehalt der Droge an Bitterstoff und der der Cetrarsäure ähnlichen Stictinsäure. Sie enthält ferner Norstictinsäure. An Schleimstoffen wurden 1,3% festgestellt.
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Sticta pulmonaria wird heute bevorzugt in homöopathischen Kreisen angewandt bei Reizhusten insbesondere der Phthisiker (bei Reizhusten hält Kleine, Wuppertal, das Mittel für gut, sonst jedoch gegenüber den anderen Bronchialmitteln für von untergeordneter Bedeutung), hartnäckigem Husten mit Schmerzen bis in die Brust, Pertussis, Krupp, chronischer Bronchitis, auch skrofulöser und grippöser Natur, Stockschnupfen, Rhinitis (bei akutem Schnupfen, der schnell eintrocknet, und den dadurch hervorgerufenen Beschwerden wie Stirnkopfschmerz, Husten, Tracheitis und Laryngitis mit Wundheitsgefühl gibt Donner Sticta pulmonaria D 1) und Stirnhöhlenkatarrh. Recht günstig wirkt die Lungenflechte auch bei Grippe und Asthma (hier im Wechsel mit Aralia racemosa).
Als letzte Indikationen werden noch Gelenkrheumatismus, Hysterie und Wunden (hier äußerlich) genannt. Witzel, Wiesbaden, gibt Sticta pulmonaria bei Schmerzen in der rechten Schulter und den Beschwerden des sogenannten „Hausmädchenknies“.
Wechselmittel sind: Bryonia, Aralia racemosa, Eupatorium perfoliatum, Rumex crispus und Ipecacuanha.
Angewandter Pflanzenteil:
Alle Autoren geben die ganze Pflanze als verwendet an (Lonicerus, Matthiolus, Schulz, Stauffer, Schmidt u. a.).
Auch das HAB. schreibt zur Herstellung der Essenz die frische, von anhängender Baumrinde möglichst befreite Flechte (§ 3) vor. Dieselbe wird auch zur Bereitung des „Teep“ benutzt.
Dosierung:
Übliche Dosis:
2 Teelöffel voll (= 1,6 g) der Flechte zum heißen Aufguß täglich.
1-3 Tabletten der Frischpflanzenverreibung „Teep“ dreimal täglich.
(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,125 g Stictae pulmonariae.)
In der Homöopathie:
Ø-dil. D 1.
Maximaldosis:
Nicht festgesetzt.
Rezepte:
Bei Reizhusten und Asthma:
Rp.:
Stictae pulmonariae conc. 50 (= Lungenflechte) D.s.: 2 Teelöffel voll mit 1 Glas Wasser heiß ansetzen 10 Minuten ziehen lassen und tagsüber trinken.
Bei Bronchialleiden (nach Peyer):
Rp.:
Hb. Polygoni avicularis(= Vogelknöterichkraut) Hb. Equiseti (= Schachtelhalmkraut) Stictae pulmonariae (= Lungenflechte) Hb. Galeopsidis aa 10 (= Hohlzahnkraut) Fruct. Anisi cont. (= Anisfrüchte) Fol. Eucalypti aa 5 (= Eukalyptusblätter) (Diese Mischung wird mit 10,0 Salmiak – in wenig Wasser gelöst – imprägniert. Trocknen bei möglichst geringer Wärme!) M.f. species. D.s: Zubereitungsvorschlag des Verfassers: 2 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser, vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291. Rezepturpreis ad chart. etwa -.97 RM.
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Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938
Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.