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Echtes Seifenkraut, Caryophyllaceae.

Name:

Saponária officinális L. (= S. vulgaris Pall., = Lychnis officinalis Scop., = L. saponaria Jessen, = Silene saponaria Fries, = Bootia nervosa Gilib., = B. vulgaris Neck.). Echtes Seifenkraut. Französisch: Saponaire savonière; englisch: Soapwort, bruise wort, bouncing bet, fuller’s herb; italienisch: Saponaria, saponella; dänisch: Säbeurt; italienisch: Saponaria; litauisch: Puto Klis, Muiline; norwegisch: Såpeurt; polnisch: Mydlik; russisch: Mylnianka; schwedisch: såpnejlika; tschechisch: Mydlice lékařská; ungarisch: Szappanfü.

Verbreitungsgebiet

Weiteres Vorkommen: Kleinasien. Sibirien, Zentralasien, Japan; in Nordamerika eingeschleppt.

Namensursprung:

Saponaria kommt vom lateinischen sapo = Seife her. Der Name Seifenkraut rührt daher, daß die zerstoßenen Wurzeln, in Wasser gerieben, wie Seife schäumen.

Volkstümliche Bezeichnungen:

Seifenkrottch (Krain: Gottschee), Seipfichrut (Schweiz: Aargau), Herbstnelke (Weichseldelta) bezieht sich auf die späte Blütezeit; Knackblume (Schlesien); Pinkelnellstude (Bremen: Oberneuland) steht wohl in Beziehung zu englisch pink = Nelke.

Botanisches:

Das ausdauernde Nelkengewächs besitzt eine stark verzweigte, ausläuferartig weithin kriechende Grundachse. Die feinflaumigen Stengel werden 30-70 cm hoch. Sie sind im oberen Teil etwas ästig und tragen gekreuzt gegenständige Blätter, die länglich-lanzettlich, zugespitzt und dreinervig sind. In den Achseln der Blätter stehen unten einzeln, oben zu drei bis fünf die großen hell fleischfarbenen Blüten. Der fünfzähnige Kelch ist walzenförmig. Die fünf Kronenblätter sind lang benagelt. Am Grunde der Platte bilden zwei spitze, weiße Zähnchen das Krönchen. Die Blüte hat zehn Staubgefäße und einen oberständigen Fruchtknoten. Die vorstäubenden Blüten, die abends am stärksten duften, werden vornehmlich von Abend- und Nachtschmetterlingen besucht. Blütezeit: Juli bis September. Frucht: eine vierzähnige aufspringende Kapsel. – Das im Mittelmeergebiet heimische Kraut ist heute weit über Eurasien verbreitet und auch in Nordamerika eingeschleppt. An Mauern, Zäunen und Flußufern, auf Feldern und Dungplätzen ist es häufig anzutreffen. Die Pflanze soll nach Hegi eine gute Futterpflanze für Schafe abgeben.

Geschichtliches und Allgemeines:

Der Gebrauch der Saponaria geht auf die arabischen Ärzte zurück, welche sie gegen Lepra, Flechten und bösartige Geschwüre verschrieben. Im Mittelalter sollen die armen Klosterleute die Wurzel der Saponaria zum Säubern „ihrer kappen und gerede“ benutzt und auf diese Weise „Seyffen und Alaun“ gespart haben (Hieronymus Bock, Kreutterbuch, S. 332). Boerhaave bediente sich der Wurzel des Seifenkrautes bei Gelbsucht, Gesenius und Kämpf vornehmlich zu eröffnenden Klistieren. Eingehend mit den Eigenschaften der Saponaria beschäftigte sich Ludolf in seiner „Dissertatio de Saponaria ejusque virtutibus, Erfurt 1756“. Im Jahre 1811 stellte Buchholz als erster aus dieser Pflanze eine Verbindung her, die er Saponin nannte.

Wirkung

Von Hippokrates wird die Saponaria als menstruations- und wochenflußfördernd geschildert.

Von Lonicerus und Bock wird sie bei Atemnot, Husten und Verschleimung, Leber- und Milzleiden, zur Beförderung von Diurese, Stuhlgang, Menstruation und Nachgeburt sowie als Aphrodisiakum und äußerlich als Niespulver gebraucht.

Nach v. Haller ist die blutreinigende Kraft der Seifenkrautwurzel berühmt; sie soll kräftiger sein als die der Sarsaparille.

Als mäßig reizendes Mittel, das die Sekretionen der Leber, Lunge, Haut und Schleimhaut anregt, findet Saponaria bei Hecker Verwendung. Er verordnet sie gegen Fieber, insbesondere Entzündung der Lunge und Leber mit mangelnder Schleimabsonderung, bei Stockungen in den Abdominalorganen und daraus entspringenden Erkrankungen wie Ikterus, Verschleimung, Atrophie, Diarrhöen, Hypochondrien, mangelnder Gallensekretion und Diarrhöen bei den sogen. „schwarzgalligen Konstitutionen“, bei Tussis, Pertussis und Asthma pituitosum und zur Verbesserung der Hautsekretion, insbesondere bei chronischen Exanthemen (Krätze), malignen Ulzera, chronischen Rheumatismen und Gicht. Wie H. berichtet, wird die Seifenkrautwurzel bei venerischen Krankheiten, namentlich den damit verbundenen Gliederschmerzen, Ulzera und Exanthemen, nicht nur gerühmt, sondern als ein spezifisches Mittel betrachtet.

Hufeland verwandte sie bei Darminfarkten und als Blutreinigungsmittel. Bei Lebertumoren und deren Folgen, bei chronischen Katarrhen des Darmkanals, der Luftwege und des Urogenitalsystems, bei Hydrops und Febris intermittens läßt sie Clarus gebrauchen.

Heute dient sie der offiziellen Medizin in der Hauptsache als Expektorans. Bohn empfiehlt sie bei der venerischen und der Harnsäure-Diathese, bei Hautausschlägen, insbesondere Flechten, gegen Leberkongestionen und Störungen des Pfortaderkreislaufs.

Als Expektorans, Diaphoretikum, Diuretikum und Entfettungsmittel wird die Seifenkrautwurzel in mehreren Rezepten von Meyer angegeben. Die Volksmedizin schätzt die Seifenkrautwurzel als Expektorans, Cholagogum, gegen chronisches Ekzem und chronischen Rheumatismus. Von der Saponaria hat eine Reihe von Glykosiden, die Saponine, ihren Namen erhalten. Sie bedingen vorwiegend die Wirksamkeit dieser Wurzel, in der sie zu etwa 5% enthalten sind, und zwar als Saporubrin (= Saponaria – Sapotoxin) und Saporubeinsäure.

Die diuretische Wirkung der Birkenblätter, des Schachtelhalms u. a., die schwere resorptive Giftwirkung der Kornrade und die expektorierende Wirkung der Saponariawurzel, der Primelwurzel, der Wollblumen und mancher anderen Droge zeigen, daß man auf dem Gebiet der Saponine nicht schematisieren kann. Einzelheiten siehe bei den anderen Saponinpflanzen und im Abschnitt „Saponine“ des allgemeinen Teils.

Die Saponariasaponine gehören zu den Saponinen mit starker lokaler Reizwirkung, die wir als allgemeine Protoplasmagifte ansehen müssen. Äußerlich reizen sie die Haut, noch mehr die Schleimhäute und rufen Entzündungen, starke Sekretion der Nase mit Niesen und Konjunktivitis hervor.

Per os gegeben werden diese Saponine meist nur schwer resorbiert und können daher nicht ihre ganze Giftwirkung entfalten, sondern nur Räuspern, Kratzen, Übelkeit, Erbrechen, Leibschmerzen und Diarrhöe verursachen. In kleinen Dosen wirken sie expektorierend, in größeren emetisch.

Den Mechanismus der expektorierenden Wirkung stellt man sich so vor, daß ähnlich wie bei der Wirkung der Ipecacuanha reflektorisch von der Magenschleimhaut aus das Nauseastadium mit seiner Anregung sämtlicher Sekretionen im Magen-Darmkanal und in den Luftwegen bewirkt wird.

Vollmer gibt an, daß man die ausländischen, als Expektorantien verwendeten Saponindrogen durch Saponariawurzel, Primelwurzel u. a. ersetzen kann.

Die außerordentliche Giftigkeit der Saponine haben die Versuche gezeigt, in denen man sie injiziert hat.

Subkutan veranlassen sie Eiterungen ohne Bakterien, intravenös wirken sie hämolytisch und rufen der Dysenterie gleichende Darmentzündungen, Hämorrhagien, Ödeme und Nekrosen der Darmschleimhaut hervor. Versuche mit Saponinen ergaben, daß das Zentralnervensystem im ganzen erkrankt, daß aber Rückenmark und Spinalganglien am meisten betroffen werden; den anfangs auftretenden Krämpfen folgt Atemlähmung, Bewußtlosigkeit, todähnlicher Schlaf, Exophthalmus und Strabismus; an der Körperseite, in die das Gift injiziert wird, stellt sich bohrender Augenschmerz ein. Herz, Leber und Niere weisen fettige Degeneration auf, im Herzen findet sich Blutüberfüllung, außerdem kommt es zu Pleura-, Lungen-, Peri- und Endokardblutungen. Im Knochenmark erzeugen die Saponine tumorartige hämoblastische Bildungen, in der Milz mäßige Vergrößerung und Myelopoese.

Hinsichtlich des Saponingehaltes in Zubereitungen aus Saponaria wurde für die homöopathische Urtinktur ein hämolytischer Index von 1:100, für das „Teep“-Präparat ein solcher von 1:15 000 festgestellt. Wurde die homöopathische Urtinktur mit 25%igem Weingeist hergestellt, so ergab sich ein hämolytischer Index von 1:10 000.

Nach eigenen Untersuchungen wurden in 1 g der Droge 200 F.D. und in 1 ccm der Tinktur 14 F.D. gefunden.

Verwendung in der Volksmedizin außerhalb des Deutschen Reiches (nach persönlichen Mitteilungen):

Litauen: Die Abkochung des Rhizoms wird bei venerischen Krankheiten und auch besonders zur Wundspülung benutzt.

Anwendung:

Saponaria wirkt schleimlösend und treibt Harn, Stuhl und Schweiß. Als Expektorans wird die Seifenwurzel bei Erkrankungen der Atmungsorgane mit zähem Schleim wie Bronchitis, hartnäckigem Husten, Angina, Rhinitis und Nasenrachenkatarrh gegeben. Recht häufig wird sie auch bei akuten Erkältungen verordnet.

Bewährt hat sie sich außerdem bei Hautkrankheiten (Ekzemen, schuppenden Flechten, Furunkulose), Skrofulose, Syphilis, Rheumatismus, Gicht, auch Arthritis deformans (vgl. Rezepte), Leber- und Gallenleiden, Magen- und Darmblähsucht (Saponaria ist mit Rad. Gramin., Hb. Centaurii und Rad. Taraxaci Bestandteil des Kämpfschen Visc.-Klistiers), Übelkeit, Sodbrennen und anderen Stoffwechselstörungen.

Angewandter Pflanzenteil:

Fast alle Autoren bezeichnen die Wurzel als den verwendeten Teil. Nur v. Haller, Geiger und Zörnig kennen auch eine Verwendung des Krautes. Das HAB. schreibt zur Herstellung der Tinktur die getrocknete Wurzel (§ 4) vor. Das „Teep“ wird aus der frischen Wurzel hergestellt.

Radix Saponariae (rubrae) ist offizinell in Deutschland, Frankreich, Griechenland, Rumänien und Portugal.

Sammelzeit: Frühling und Herbst.

Dosierung:

Übliche Dosis:

1 Teelöffel voll der Wurzel zum kalten Aufguß täglich;

1-2 g des Extraktes (Leclerc).

1 Tablette der Frischpflanzenverreibung „Teep“ dreimal täglich.

(Die „Teep“-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,125 g Rad. Saponariae.)

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt.

Rezepte:

Bei festsitzendem Schleim in Nase, Rachen und Bronchien:

Rp.:

Rad. Saponariae conc. 30 (= Seifenkrautwurzel) D.s.: 1 Teelöffel voll mit 1 Glas Wasser kalt ansetzen, 8 Stunden ziehen lassen und tagsüber trinken). Preis nach Arzneitaxe 10 g -.10 RM.

Bei Syphilis, Rheuma und Skrofulose (nach Gablick):

Rp.:

Rad. Saponariae (= Seifenkrautwurzel) Hb. Nasturtii (= Brunnenkressenkraut) Hb. Centaurii aa 30 (= Tausendgüldenkraut) C.m.f. species. D.s.: 2 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser, vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291. Rezepturpreis ad chart. etwa 1.18 RM.

Bei Arthritis deformans (nach Türk):

Rp.:

Rad. Saponariae (= Seifenkrautwurzel) Stipit. Dulcamarae (= Bittersüßstengel) Lign. Guajaci (= Pockholz) Rad. Sarsaparillae (= Sarsaparillewurzel) Rad. Paeoniae (= Pfingstrosenwurzel) Hb. Virgae aureae aa 15 (= Goldrutenkraut) C.m.f. species. D.s.: 3 Teelöffel voll auf 2 Glas Wasser, vgl. Zubereitung von Teemischungen S. 291. Rezepturpreis ad chart. etwa 1.51 RM.

Als Expektorans (Form. M. Berol.):

Rp.:

Decoct. Rad. Saponar. rubr. 10:180 Natr. carb. 1 Sirup. simpl. ad 200 M.d.s.: Zweistündlich 1 Eßlöffel. Rezepturpreis c. vitr. etwa 1.43 RM.

Oder (nach Peyer):

Rp.:

Decoct. Rad. Saponariae 10 : 145 Liqu. Ammon. anisat. 5 M.d.s.: Drei- bis fünfmal täglich 1 Eßlöffel; niemals morgens nüchtern. Rezepturpreis c. vitr. etwa 1.33 RM.

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Inhaltsverzeichnis: Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Gerhard Madaus (+ 1942), Ausgabe Leipzig 1938

Auf Bilder / Photos des Lehrbuches wurde wegen mangelnder Aktualität / Qualität verzichtet. Ebenso ist die Einführung in dieser Online-Version nicht vorhanden. Sie können hier ausschließlich auf die Besprechung der einzelnen Pflanzen zurückgreifen. Die Rezepturen werden in das Kompendium im Laufe der Zeit eingearbeitet. Vorhandene Fotos: Rechte beim Verlag erfragbar.

 

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